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Rassisten vergraulen Schwarzafrikaner: „Ich fühle mich nicht mehr sicher“

Ibraimo Alberto wurde für seinen Kampf gegen Fremdenhass geehrt. Nun verlässt er gemeinsam mit seiner Familie das brandenburgische Schwedt - aus Angst.

Von Matthias Matern

Die offizielle Mitteilung ist lapidar: „Der ehrenamtliche Ausländerbeauftragte der Stadtverordnetenversammlung, Ibraimo Alberto, wird sein Ehrenamt zum 30. Juni 2011 niederlegen. Aus beruflichen Gründen verlässt er Schwedt.“ So verkündet die Stadt Schwedt auf ihrer Website den Abschied eines einst hier gefeierten Boxchampions und für sein soziales Engagement ausgezeichneten Bürgers.

Den wichtigsten Grund für Albertos Entscheidung verschweigt die Mitteilung. „Ich fühle mich in Schwedt nicht mehr sicher“, sagt Alberto. Zu 80 Prozent sei sein Weggang zunehmenden rechtsextremistischen Anfeindungen gegen ihn und seine Familie geschuldet. Kommenden Donnerstag will Albertos Anwalt Andreas Brandt auf einer Pressekonferenz Einzelheiten bekannt geben.

Als 16-Jähriger kam Ibraimo Alberto 1981 nach Ost-Berlin, startete fünf Jahre später in Schwedt eine Karriere als Boxer beim Boxverein 1948 Schwedt. Nach der Wende kämpfte er sich in die zweite und erste Bundesliga hoch. Durch seinen Erfolg wurde er in der Oderstadt schnell zu einer lokalen Größe. 1990 zog er aus Berlin zu seiner deutschen Ehefrau Birgit nach Schwedt. Dort engagierte er sich auch in Projekten an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, galt als gut informiert über die rechte Szene in der Stadt. Im Jahr 2008 wurde er vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble mit dem Preis „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet.

Alberto war es trotzdem nie gelungen, in der Uckermark einen Arbeitsplatz zu finden. Zuletzt hatte er sich Mitte 2010 auf eine Stelle in einem Kindergarten beworben. Die Anstellung scheiterte nicht an seiner Qualifikation. Sie sei an seiner Hautfarbe gescheitert, sagte Alberto damals. Man habe Angst gehabt, dass ein Schwarzer als Erzieher von den Eltern nicht geduldet werden würde. An seinem neuen Wohnort in Baden-Württemberg hat er sofort Arbeit gefunden. Kommenden Montag soll es losgehen als Erzieher in einem Kindergarten.

Lange hatte sich der Wahl-Schwedter den Vorurteilen gegen ihn und seine Familie gestellt. Doch die rechte Szene der Stadt habe sich verändert, habe Verstärkung aus dem benachbarten Landkreis Barnim und aus Mecklenburg-Vorpommern bekommen, so Alberto. Es sei für ihn mittlerweile kaum noch nachvollziehbar, wer hinter den Anfeindungen stecke. Zuletzt sei im März zuerst sein jüngster 17-jähriger Sohn und danach er selbst nach einem Fußballspiel von einem Gegenspieler verbal attackiert worden: „Negerhurensohn“ soll gefallen sein – und: „Ich schlage dich tot.“

Bei seiner Ehefrau habe die Situation zu schweren gesundheitlichen Folgen geführt, sagt Alberto. Heute ist sie mit 46 Jahren Invalidenrentnerin. 80 Prozent ihrer Depression rührten von der ständigen Angst um ihn und die Kinder, sagt der engagierte Sportler. Er hoffe, dass seine Ehefrau in der Umgebung Baden-Württembergs jetzt wieder mehr zu sich selbst finde.

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