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Berlin: „Ich konnte Englisch nicht leiden“

Was war Ihr Horrorfach in der Schule, Herr Karkut?

Papier war in Berlin in den ersten Jahren nach dem Krieg Mangelware. Deshalb bekam Gerhard Karkut (76) sein Abiturzeugnis 1947 zunächst nur auf der Rückseite eines Aufrufs zum Lumpensammeln ausgestellt. Erst vier Wochen später konnte er sich seine Zensuren auf einem weißen Bogen Papier bei der Schulsekretärin abholen. Gemeinsam mit anderen ehemaligen WehrmachtSoldaten hatte Karkut, nachdem er aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, an der Oberschule Nr. 2 in Neukölln, die jetzt den Namen Albert Schweitzer trägt, sein Abitur nachgeholt. Heute lebt der pensionierte Arzt in Zehlendorf.

„Ich konnte Englisch nicht leiden, weil die meisten Schüler in meiner Klasse besser waren als ich. Einigen Klassenkameraden fiel die Sprache nicht schwer, weil sie während des Krieges in englischer oder amerikanischer Gefangenschaft waren. Es kam nicht selten vor, dass sie besser Englisch sprachen als der Lehrer. Ich habe meine Kraft in die Fächer gesteckt, die mir besser lagen, wie Mathematik beispielsweise. In Englisch gab ich mich mit einem Ungenügend auf dem Abiturzeugnis zufrieden.

Mit den Lehrern hatte ich keine Probleme – im Gegenteil. Sie waren heilfroh, dass wir aus dem Krieg zurück waren. Außerdem hatte mein Jahrgang noch aus einem anderen Grund eine Sonderstellung auf unserer Schule. Wir waren nämlich diejenigen, die den Lehrern die Zigaretten besorgten, denn in den Geschäften gab es keine. Zehn Reichsmark verlangten wir für eine Zigarette, die wir auf dem Schwarzmarkt gekauft hatten. Das war viel Geld, wenn man bedenkt, dass mein Vater als Beamter 450 Reichsmark im Monat verdiente. Die Lehrer kamen also in den Pausen zum Rauchen in unser Klassenzimmer. Das war ein gutes Geschäft.“

Aufgezeichnet von Mandy Schielke

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