Berlin: Im Goldrausch: Wenn ein Juwelier zum Ausverkauf lädt
Die Russin fackelte nicht lange: Ruckzuck entschied sie sich für das Kettchen mit einem Kreuz daran – zum halben Preis von 1700 statt 3400 Euro gab es für sie nicht viel zu überlegen. Eine elegante hochgewachsene Blondine brauchte länger – fast eine Stunde lang ließ sie sich am Kurfürstendamm 199 Schmuck vorlegen, ehe sie sich entschied.
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Die Russin fackelte nicht lange: Ruckzuck entschied sie sich für das Kettchen mit einem Kreuz daran – zum halben Preis von 1700 statt 3400 Euro gab es für sie nicht viel zu überlegen. Eine elegante hochgewachsene Blondine brauchte länger – fast eine Stunde lang ließ sie sich am Kurfürstendamm 199 Schmuck vorlegen, ehe sie sich entschied. „Jetzt sind wir gleich dran“, tröstete eine junge Frau ihr quengelndes Kind, die eine Ewigkeit gewartet hatte, bis sie sich „Lupenreines“ vorführen ließ. Gestern ein Zauberwort, unter dem bei Brahmfeld & Gutruf Hochkarätiges verkauft wurde wie anderswo warme Semmeln. „Alles zum halben Preis“ lockten vor und im Laden unübersehbar Plakate zum Totalausverkauf in der Filiale des Juweliergeschäftes, das Johann Friedrich Brahmfeld und Johann Georg Gutruf 1743 in Hamburg gegründet hatten.
In Berlin verkauft Brahmfeld & Gutruf seit Dezember 2002. Das beste Stück trug die Inhaberin Simone Hülse-Reutter zur Shop-Premiere selbst um den Hals – einen 30-karätigen Diamanten aus einer stillgelegten südafrikanischen Mine. Ob jemand das 2,5 Millionen Euro teuere Collier kaufte, muss hier offen bleiben. Der nicht zeitgemäße Hang des Inhaberehepaars Hülse-Reutter als bisher alleinige Gesellschafter zu Schmuck im allerhöchsten Preissegment führte jetzt zum Totalausverkauf in Hamburg, Kampen/Sylt und eben hier in Berlin.
Zu viel millionenschwere Ware, für die es – gerade in dieser Stadt – keine Kundschaft gibt, hatte sich angesammelt. Um wieder liquide zu werden, musste sich Brahmfeld & Gutruf zusätzliche Gesellschafter und Investoren aus der Schmuckbranche ins Boot holen. Einer von ihnen ist Heinz Bareiss aus Karlsruhe, der in Berlin gestern den gestressten Verkäufern unter die Arme griff. Etwa zwei Monate kann man sich am Kurfürstendamm noch mit Schnäppchen zum halben Preis bedienen – gestern von 100 bis zu 59 650 Euro. „Danach stimmt die Basis“, sagte Bareiss und kündigte für den Neubeginn käuflichere schöne Ware an. hema
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