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Berlin: In acht Jahren an die Grünen-Spitze

Stefan Gelbhaar ist neuer Landeschef

Von Sabine Beikler

Obwohl die Grünen immer noch den Namenszusatz „Bündnis 90“ tragen, finden sich in der Partei nicht mehr viele Bürgerbewegte aus der Ex-DDR. Und „Ossis“ gibt es auch kaum in hohen Parteiämtern: Da ist Stefan Gelbhaar, der am Sonnabend wie berichtet zum neuen Berliner Grünen-Landesvorsitzenden in die Doppelspitze mit Irmgard Franke-Dressler gewählt wurde, eine große Ausnahme.

Gelbhaar ist vor 31 Jahren in Friedrichshain geboren und in Pankow aufgewachsen. „Ziemlich schnell politisiert“, sagt er, wurde er zu Wendezeiten. Als Jurastudent an der Humboldt-Universität habe er sich während eines Studi-Streiks dann „ernsthafter“ überlegt, wie er sich aktiv politisch engagieren sollte. Der Anwalt trat 2000 bei den Grünen ein. „Das Wort Bündnis, die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit und die Auseinandersetzung mit den Bürgerrechten waren für mich entscheidend“, sagt Gelbhaar.

Er arbeitete mit bei der Grünen Jugend, später im Kreisverband Pankow, der damals sehr zerrissen war: Auf der einen Seite die älteren Pankower Bürgerbewegten, auf der anderen Seite die jungen, kreativen, szenigeren Grünen in Prenzlauer Berg. Gelbhaar war von 2005 bis 2007 Kreischef und schaffte es, den Verband wieder zu vereinen. Vor einem Jahr begann er, als Beisitzer im Landesvorstand zu arbeiten. Der Grüne lässt sich weder dem linken noch dem realpolitischen Parteiflügel zuordnen: Er sieht sich als „undogmatischer Pragmatiker“. Das sagt viel über sein politisches Selbstverständnis: Schwarz-Grün ist für ihn trotz Annäherungsversuche des CDU-Fraktionschefs Friedbert Pflüger kein Thema in Berlin. Er kritisiert aber auch die „Betonpolitik“ von Rot-Rot, die bisher nichts bewegt habe außer Haushaltskonsolidierung.

Die Grünen will er im kommenden Wahljahr in den Bereichen soziale Gerechtigkeit und Wirtschaft programmatisch stärken. Um sein Amt hauptberuflich auszufüllen, wird der Strafrechtler nur noch ausgewählte Fälle bearbeiten. Die „Restzeit“, sagt er, bleibt seiner Familie, dem drei Monate alten Sohn und Cafébesuchen vorbehalten. Sabine Beikler

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