zum Hauptinhalt

Berlin: Junger Meister

Abboud Ashkar ist Pianist im West-Eastern-Divan-Orchester

Manchmal kommt es einfach nur auf eine wichtige Begegnung an: Der Pianist Saleem Abboud Ashkar machte sie im Jahr 1998. Der damals 22-Jährige lernte Daniel Barenboim kennen. „Er ist wie ein geistiger Vater für mich. Unser Kontakt ist sehr intensiv, ich habe durch ihn viele wichtige geistige Anregungen erhalten“, sagt der heute 26-Jährige. Barenboim wurde fortan zum Förderer des jungen palästinensischen Pianisten. Er war es auch, der den Kontakt zur Staatsoper Unter den Linden herstellte. Dort arbeitet Abboud Ashkar jetzt.

Geboren und aufgewachsen ist Abboud Ashkar in Nazareth. Er ist Palästinenser israelischer Staatsangehörigkeit protestantischen Glaubens – also die Minderheit einer Minderheit. „In Rammallah gehen noch heute die palästinensischen Kinder neben einem Panzer zum Klavierunterricht“, erzählt der Pianist. Ein ungewöhnlicher und sicherlich nicht immer leichter Weg hat ihn in die großen Konzerthäuser Europas und Amerikas und schließlich auch nach Berlin geführt.

Mit 11 Jahren spielte er sein erstes wichtiges Konzert mit dem Israel Phiharmonic Orchestra, das auch im amerikanischen Fernsehen übertragen wurde. So wurde der in den USA lebende palästinensische Kulturwissenschaftler Edward Said auf ihn aufmerksam, der ihn fortan unterstützte. Mit 17 begann Abboud Ashkar sein Studium an der renommierten Royal Academy of Music in London.

Nach Beendigung seines Studiums ging er nach Berlin. Abboud Ashkar, der heute in Tiergarten wohnt, fühlt sich in Berlin sehr wohl. Besonders schätzt er das Berliner Publikum: „Horowitz hat einmal gesagt, für den Interpreten sei bei einem Konzert nicht der Applaus das Schönste, sondern, dass das Publikum richtig konzentriert ist, richtig zuhört. Das spüre ich in Berlin, auch wenn ich hier selber im Publikum sitze. Es ist das größte Kompliment für einen Musiker.“

Ein gleichermaßen enthusiastisches Publikum konnte Abboud Ashkar bei der diesjährigen Tournee des West-Eastern-Divan-Orchesters erleben. In dem Orchester, das 1999 von Daniel Barenboim und Edward Said gegründet wurde, spielen gemeinsam junge israelische und arabische Musiker. Abboud Ashkar trat auch in diesem Jahr als Solist auf, spielte in Spanien, England und in Marokko, als erstem arabischen Land. Heute gastiert das Orchester in der Staatsoper Unter den Linden.

„Die Tournee war bisher ein absoluter Erfolg“, berichtet Abboud Ashkar. In London, wo das Orchester bei dem renommierten „Proms“-Festival auftrat, huldigte das Publikum die Musiker mit einem halbstündigen Applaus. Für den 26-Jährigen war das Konzert in der Royal Albert Hall neben seinem Auftritt in der New Yorker Carnegie Hall vor drei Jahren der bisherige Höhepunkt seiner Karriere.

Vor der Tournee jedoch hatte das Orchester in Sevilla einen Workshop abgehalten. Der Ort wurde mit Bedacht gewählt: in Andalusien haben Juden, Moslems und Christen über Jahrhunderte hinweg friedlich zusammengelebt. Auch die israelischen und arabischen Musiker verbringen hier einen gemeinsamen Alltag: Sie arbeiten, essen und wohnen zusammen. Nicht Politik, sondern Musik soll gemacht werden. Das hat so gut funktioniert, dass sich sogar eine Liebesgeschichte zwischen einem israelischen und einem arabischen Musiker entwickelt hat, wie Abboud Ashkar schmunzelnd erzählt.

Jens Wernscheid

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false