
© Sebastian Gabsch PNN/Sebastian Gabsch PNN
Konflikte auf dem Bürgersteig : Wenn radelnde Familien auf ältere Fußgänger treffen
Kinder auf dem Fahrrad unter acht Jahren müssen den Gehweg nutzen. Doch immer wieder entstehen dadurch Konflikte. Sind Nachwuchs-Radler wirklich eine Gefahr für Senioren?
Stand:
Eltern, die mit ihren Kindern auf dem Fahrrad unterwegs sind, kennen die Situation: „Geht’s noch? Sie dürfen nicht auf dem Gehweg sein!“, pflaumte eine ältere Frau Sina Meier (Name geändert) an. Die Mutter war mit ihren Kindern in Berlin-Karlshorst unterwegs. Alle drei radelten auf dem Bürgersteig. Meier fuhr hinter ihrem siebenjährigen Sohn und ihrer vierjährigen Tochter.
„Doch das passte der Seniorin nicht. Sie schimpfte, dass ich als Mutter die Verkehrsregeln missachte und meine Kinder besser im Griff haben müsse“, sagt Meier. Sie habe keine Lust auf ein Streitgespräch gehabt und sei schnell weitergefahren. Doch einige Wochen später erlebte sie eine ähnliche Situation. Dieses Mal war es ein älteres Paar, das sich über das radfahrende Trio ärgerte. „Fahren Sie gefälligst woanders. Fahrräder gehören nicht auf den Gehweg!“, sagte der ältere Mann bestimmt.
Anders als radfahrende Familien registriert die Polizei Berlin selten Probleme zwischen Fußgängern und radfahrenden Kindern auf dem Gehweg. Wenn es doch zum Konflikt kommt, sollten Eltern mit den verärgerten Passanten ins Gespräch zu kommen, empfiehlt Nadien Freitag, Polizeioberkommissarin bei der Stabsstelle 43 für Verkehrsunfallprävention: „Viele wissen nicht, dass unter Achtjährige mit einer Aufsichtsperson auf dem Gehweg fahren müssen – diese Regelung wurde erst 2016 so eingeführt.“ Das bedeutet im Umkehrschluss: Weder auf der Fahrbahn noch auf einem Radweg dürfen Kinder unter acht Jahren fahren, erklärt Nadien Freitag,
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Und auch Eltern oder andere Aufsichtspersonen gehören in diesem Fall eben auf den Bürgersteig: Fahrradfahrer ab 16 Jahren dürfen das Kind auf dem Gehweg begleiten – aber nur eine Person pro Kind. Ist ein Kind etwa mit dem Vater und der Mutter unterwegs, muss ein Elternteil auf der Straße fahren.
Aber wie gestaltet man nun das Zusammentreffen von Kindern auf dem Fahrrad und Fußgängern so, dass alles gut geht? „Kinder sollten auf dem Gehweg nicht zu schnell unterwegs sein und sich rücksichtsvoll verhalten“, sagt Polizeioberkommissarin Freitag. Sie empfiehlt auch, das Rad auf Strecken zu schieben, auf denen besonders viele Fußgänger unterwegs sind. Pflicht sei das Absteigen auf Fußgängerüberwegen.
Wichtig: Eltern sollten dabei stets hinter ihren Kindern fahren, sagt Freitag: „So haben sie diese im Blick und können ihnen Anweisungen geben. Dadurch lernen Kinder frühzeitig, sich sicher im Stadtverkehr zu bewegen.“
Bedenken von der Fußgänger-Lobby
Während es bei der Expertin von der polizeilichen Verkehrsunfallprävention also eigentlich alles ganz machbar und harmlos klingt, gibt es von anderer Seite Bedenken: Die Situation, dass Kinder auf Fahrrädern sich den Bürgersteig mit Fußgängern teilen sollen, sei „ein Dilemma für alle Beteiligten“, findet Roland Stimpel. Der Berliner ist im Vorstand von Fuss e.V. und versteht zwar, dass die Straße für radfahrende Kinder gefährlich ist. Trotzdem sieht er im Gegensatz zur Polizei viel Konfliktpotenzial, wenn diese und ihre Eltern den Gehweg nutzen.
„Man muss im Schritttempo fahren, damit sich alle Fußgänger sicher fühlen. Nur machen das viele nicht, da man mit dem Fahrrad schneller vorwärtskommen will.“ Vor allem für Senioren oder gehbehinderte Menschen, sei dies eine Gefahr: „Sie können nicht so schnell zur Seite treten oder drohen zu stürzen, wenn ein Kind an ihnen vorbeisaust.“ Kleine Kinder wiederum können laut Stimpel Abstände und Gefahren schlecht einschätzen.
Breitere Gehwege und abgetrennte Fahrbahnen für Radler würden den Konflikt laut Stimpel entschärfen: „Nur ist auch hier fraglich, ob kleine Kinder auf dem Radweg sicher sind. Viele Erwachsene sind rasant unterwegs.“
Deshalb appelliert er an alle Eltern, ihren Kindern eine rücksichtsvolle Fahrweise beizubringen und im Zweifel lieber vom Rad abzusteigen: „Ihnen muss bewusst sein, dass sie Fußgänger verletzen können.“ Und Kinder sollten wirklich sicher fahren, bis sie am Straßenverkehr teilnehmen. „Bis dahin sollten Eltern mit ihnen möglichst viel auf verkehrsfreien Plätzen üben.“
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