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Trockenübung. Schwimmtrainer Alexander Steinhart zeigt Redakteur Björn Seeling den richtigen Beinschlag.

© Kitty Kleist-Heinrich

Reine Formsache Folge 5: Kraulen mit dem richtigen Kick

Schwimmen wie ein Profi will gelernt sein. Unser Kollege nahm Unterricht bei einem privaten Schwimmtrainer und merkte, was ihm die Lehrer in der Schule alles nicht beigebracht hatten.

Nach fast 40 Jahren ist es wieder da, dieses flaue Gefühl. Ich gehe die Auffahrt zum Stadtbad Tiergarten hoch und fühle mich fast so wie damals, als ich, zweite oder dritte Klasse, mit meinen Mitschülern die letzten Stufen zur „Volksschwimmhalle“ in Pankow erreichte. Damals stand Schwimmen auf dem Stundenplan – und heute wieder. Als Schüler habe ich das gehasst. Die Lehrer waren fies, sie machten gemeine Bemerkungen über Kinder, bei denen es ein bisschen dauerte, bis sie die Bewegungen draufhatten. (Und ich war eeecht langsam). Der Geruch des gechlorten Wassers verursachte mir Würgereiz. Aber am Ende meisterte ich dann doch alle Schwimmprüfungen, nur merkte ich später, dass uns die Lehrer vieles nicht richtig beigebracht hatten.

Dies wird mir bei der ersten Schwimmstunde seit meiner Kindheit klar. Trainer Alexander Steinhart hat mich – nach einem eingehenden Gespräch über meine Vorkenntnisse – gerade ins 50-Meter-Becken geschickt. Ich solle doch mal eine Bahn hin und her schwimmen und dabei die Stile wechseln; er wolle sich das mal anschauen. Nach den ersten 25 Metern Brust bin ich aus der Puste, wechsle in das, was ich für Kraulen halte, gehe bald halb unter und lege mich schließlich auf dem Rücken ins Zeug. Lange halte ich das nicht durch und wechsle zurück zur Abteilung Brust.

Der Trainer bittet mich ins Nichtschwimmerbecken

„Na, ist ja schon mal nicht schlecht“, sagt Alexander, der Trainer, als ich aus dem Becken steige und ahne, dass da einiges im Argen lag. „Und wie war so das Gefühl?“, fragt der 33-Jährige freundlich. Am liebsten hätte ich jetzt was von bleierner Ente gesagt, erinnere mich aber meiner hektischen Bewegungen und fasele was von schlechter Koordination. Dass das nicht das Einzige war, merke ich, als der Trainer mich bittet, ins Nichtschwimmerbecken zu steigen. Dort soll ich eine Art „Toter Mann“ machen. Gelingt mir kaum, weil meine Beine ständig Anker spielen wollen. Die Arme gestreckt am Körper, soll ich jetzt mit den Händen paddeln, bewege mich langsam vorwärts. Immer wieder korrigiert Alexander vom Beckenrand aus meine Körperhaltung. „Das war jetzt aber eher Wasserstreicheln“, scherzt er und spielt auf meine gespreizten Finger an. Für die nächste Tour reicht er mir ein Schaumstoffteil, das ich zwischen die Unterschenkel klemmen soll. Nicht nur mein Selbstbewusstsein bekommt Auftrieb.

Jetzt soll ich wieder raus aus dem Becken und neben dem Trainer auf einer Bank Platz nehmen. „Wir üben mal den Beinschlag“, sagt er, neigt seinen Oberkörper nach hinten, streckt die Beine vor, dreht die Füße etwas nach innen und macht vor, wie’s geht: Kick- runter-rauf, Kick-runter-rauf. Eigentlich ganz einfach.

Wenn ich nicht ich wäre.

Mit dem richtigen Beinschlag mache ich Tempo wie die Titanic kurz vorm Eisberg

In der Schule wäre jetzt ein böser Spruch gekommen. Aber dieser Trainer assistiert lieber bei der Bewegung meiner Beine. Geht irgendwie schon besser – zurück ins Wasser. Dort übe ich, während ich mich mit den Händen am Beckenrand festhalte, per Beinbewegung einen ordentlichen Wasserstrudel zwischen den Füßen aufzubauen. Auf keinen Fall soll es zu viel spritzen. Klappt schon ganz gut, Zeit also, das Ganze auf großer Fahrt zu testen. Trainer Alexander reicht mir – wieder für richtigen Auftrieb – eine Schaumstoff-Schlange, die ich um Schulter und Arme schlinge. 

Schon paddle ich rücklings durchs Becken. Das geht aber nur leidlich, weil meine Beine irgendwas vergessen haben. Aber schon meldet sich der Trainer, erinnert mich an die Fußhaltung, den Bewegungsablauf beim Beinschlag („Als wenn man die Badelatschen vom Fuß kickt“). Plötzlich mache ich Tempo wie die Titanic kurz vorm Eisberg.

Am liebsten würde ich noch ein bisschen weiterpaddeln, wäre da nicht meine Kondition – und der Stundenplan. Der Trainer schlägt vor, noch das Atmen zu üben. Aber das ist, wie die Beinkoordination, ein Problem für sich. Ich soll untertauchen, durch Mund und Nase ausatmen, hochkommen und wieder einatmen. Doch die Luft will nicht raus aus meinen Lungen, ich verschlucke mich, saufe literweise Stadtbad-Tiergarten-Wasser und schnaufe wie Antje, das Fernsehwalross. Ein bisschen sehe ich wohl auch so aus, als ich mich zum Schluss der Stunde aus dem Becken wuchte.

Anstrengend war’s, aber absolut lehrreich. Und hat Lust auf einen nächsten Törn gemacht. Das flaue Gefühl ist auch weg – man muss nur den richtigen Lehrer haben.

Alexander Steinhart und sein Team von schwimmtrainer.me bieten leistungs- und gesundheitsorientierte Kurse an, die Stunde kostet 55 Euro, günstiger wird's im Abo. Tel. 22807010

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