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Grünen-Wahlprogramm: Künast will Sozialausgaben schärfer kontrollieren

Die Spitzenkandidatin stellt das Wahlprogramm der Grünen vor und verspricht einen neuen Regierungsstil und Ehrlichkeit. In einigen Punkten bleibt das Programm aber vage.

Von Sabine Beikler

Die Hände zittern leicht, ihre Füße kommen nicht ganz zur Ruhe. Renate Künast ist ein Hauch von Nervosität anzusehen. Nach dem verpatzten Start als Grünen-Spitzenkandidatin und Wowereit-Herausforderin stellt sie am Mittwoch im „Haus der Demokratie“ den Entwurf des Wahlprogramms vor. „Wir wollen stärkste Kraft in Berlin werden und ich untermauere meinen Anspruch, Regierende Bürgermeisterin zu werden“, sagt sie und schaut auf den 118-seitigen Entwurf. Der sei inhaltlich „so breit aufgestellt wie es Berliner Grüne noch nie waren“, betont sie. Und das würde deutlich im Kontrast zur „Lustlosigkeit“ des Senats stehen. Die Grünen wollten „Ehrlichkeit“, keine „falschen Versprechungen“. In einigen Punkten aber bleiben sie vage.

Beispiel Haushaltspolitik: Künast kritisiert zwar Wowereit deutlich, es sei eine „Unverschämtheit, sich nicht um die Schuldenbremse zu kümmern“. Stattdessen verspreche er „Wohltaten“. Die Grünen würden als Erstes einen Kassensturz machen, zweitens alle Bereiche durchgehen und eruieren, „wo man effizienter mit Geld umgehen kann“, sagt die Spitzenkandidatin. Insgesamt will die Partei in der kommenden Legislaturperiode 500 Millionen Euro sparen, 250 Millionen Euro davon bei Subventionen, Prestigeobjekten und in der Verwaltung. Bis zu 100 Millionen könnten durch die Kontrollen der Sozialausgaben eingespart werden, sagt Künast. Weitere Kürzungen sollten durch eine verbesserte Einnahmesituation sozusagen ausgeglichen werden. Künast plädiert für eine City-Tax und eine höhere Gewerbesteuer. In dem Entwurf stehen zwar als Zielgröße 150 Millionen Euro, doch ob damit eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes gemeint ist, lässt die Partei offen. Man wolle eine „gute Ansiedlungspolitik“ und überdies „Gespräche mit der Wirtschaft“ führen, sagte Künast auf Nachfrage.

Ob die Grünen auch mit der Wirtschaft über den von den Verbänden geforderten Weiterbau der A 100 sprechen werden, ist im Programm nicht erwähnt. Die Partei lehnt den Weiterbau ab, das betonte Künast am Mittwoch. Ob die Grünen den Stopp der A 100 zur Bedingung für eine Koalitionsbildung machen werden, ließ Künast offen. „Über Essentials werden wir später entscheiden.“

Bildung, Arbeit, Klima sind die politischen Schwerpunkte der Grünen. Im Bildungsbereich soll nicht gespart werden. Kitas sollen zu Familienzentren und Treffpunkten für Eltern ausgebaut werden. Die Partei plädiert für einen Reformstopp an den Schulen und will über Qualitätsziele diskutieren. In Bezug auf die Weiterführung der Gymnasien fordern die Grünen eine „andere Lehr- und Lernkultur und individuelle Förderung“ und unterstützen Modelle, die auf das Probehalbjahr und das Sitzenbleiben verzichten. Freie Schulen sollen grundsätzlich besser finanziert werden, wenn sie eine „ausgewogene soziale Mischung“ nachweisen und auf Schulgeld verzichten. Das wolle man an einem Modell prüfen, steht in dem Entwurf. Zusätzliche Mittel für Projekte, Sprachförderung oder zur Profilbildung sollen Brennpunktschulen über ein Sofortprogramm erhalten.

Im ersten Kapitel ihres Wahlprogramms „Solidarisches Berlin“ fordern die Grünen einen besseren Mieterschutz. Kappungsgrenzen bei Neuvermietungen seien aber nur über eine Bundesratsinitiative möglich, sagte Künast. Die Grünen unterstützen eine von Rot-Rot bereits eingebrachte Bundesratsinitiative. Mittelfristig will die Partei den Anteil landeseigener Wohnungen am Gesamtbestand auf 15 Prozent erhöhen.

Renate Künast will einen neuen Regierungsstil, bei dem sich alle mit einbringen können: Sie will einen transparenten Umgang bei Entscheidungen, will die Berliner „mitnehmen“, wie sie sagt. Im Wahlprogramm ist die Rede von Dialog und Verständigung, von mehr Mitbestimmung und einer „Politik mit Herz und Verstand“. Am 5. März will die Partei das Wahlprogramm auf einem Parteitag verabschieden.

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