Berlin: Landowsky-Affäre: Schwarzmaler
Alles scheint möglich zu sein. Nach der Spendenaffäre der CDU, die unstrittig ist, werden jetzt auch gezielt Gerüchte, Halbwahrheiten und Unwahrheiten gestreut, um neben dem CDU-Fraktionschef und Noch-Banker Klaus Landowsky weitere Politiker ins Zwielicht zu stellen.
- Sabine Beikler
- Klaus Kurpjuweit
Alles scheint möglich zu sein. Nach der Spendenaffäre der CDU, die unstrittig ist, werden jetzt auch gezielt Gerüchte, Halbwahrheiten und Unwahrheiten gestreut, um neben dem CDU-Fraktionschef und Noch-Banker Klaus Landowsky weitere Politiker ins Zwielicht zu stellen. Gestern war mit Finanzsenator Peter Kurth die bisher personifizierte Unschuld an der Reihe. Er gilt zunehmend als aussichtsreicher Kandidat für die Diepgen-Nachfolge in der Partei. Interesse an einer Desavouierung des Finanzsenators könnten Vertreter des rechten CDU-Flügels haben. Und während sich die SPD-Spitze mit Äußerungen bewusst zurückhält, werden aus der zweiten Reihe der SPD zunehmend Vermutungen über Politiker oder Sachverhalte geäußert, die wie Seifenblasen platzen.
Das Nachrichtenmagazin "Focus" hat im Voraus gemeldet, die möglichen Nachfolger von Diepgen seien "Kandidaten mit Flecken", weil sie sich durch zwielichtige Aktionen beschädigt hätten. Kurth habe 1997 von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW eine 145 Quadratmeter große Wohnung an der Deidesheimer Straße in Wilmersdorf zum Preis von 387 000 Mark erworben und sie zweieinhalb Jahre später mit einem Zuschlag in Höhe von 122 500 Mark wieder verkauft. Solche Veräußerungsgewinne verhindere die GSW normalerweise mit einer so genannten Mehrerlös-Klausel, die in Kurths Kaufvertrag fehle. Der Gewinn müsse dann nämlich abgeführt werden. Die GSW habe zudem auch gleich die Maklergebühren für Kurth von rund 26 800 Mark übernommen. Das sitzt.
Aber nicht lange. "Vollkommen haltlos" seien die Vorwürfe, ärgert sich Kurths Sprecher Klaus Dittko. Es habe erstens überhaupt keinen Mehrerlös gegeben, weil Kurth die Wohnung in Höhe von 122 500 Mark saniert hatte ("Das belegen die Rechnungen"). Außerdem: Laut GSW-Geschäftsführer Volker Esche gilt diese Mehrerlösklausel nur bei Verkäufen von GSW-Wohnungen an GSW-Mieter. Mit der Mehrerlösklausel will die GSW Spekulationserlöse verhindern. "GSW-Mieter bekommen Wohnungen zu einem günstigeren Preis. Aber nur unter der Maßgabe, wenn sie in den ersten sechs Jahren nicht weiterverkauft wird. Ansonsten müssen Gewinne veräußert werden", sagte Esche. Und dass die GSW die Maklergebühren von Herrn Kurth übernommen hatte? "Ganz einfach. Die GSW übernimmt in jedem Fall die Maklergebühren - falls sie überhaupt anfallen."
Hat Kurth, wie "Focus" behauptet, nun "Rabatt" beim Kaufpreis erhalten? Sprecher Dittko: "Eine interne Revision der Finanzverwaltung hat keine Beanstandungen ergeben." GSW-Geschäftsführer Esche: "Blödsinn. Nicht-GSW-Mieter zahlen im Durchschnitt zehn bis fünfzehn Prozent mehr für eine Wohnung wie GSW-Mieter. Kurth hat neun Prozent statt der zehn bis 15 Prozent gezahlt. Maklerunternehmen nehmen zunächst Bewertungen vor, ohne Rücksicht auf die Ausstattung. Das wird dann noch mal von uns intern eingeschätzt." Die Wohnung stand vier Monate leer, war in "ziemlich desolatem Zustand", wurde auf dem freien Markt angeboten, bis Kurth sie kaufte.
Nächste Frage: Warum hat der Aufsichtsrat der GSW nicht die Immobiliengeschäfte hoher Senatspolitiker laut einer Vorschrift der Finanzverwaltung geprüft? Der GSW-Geschäftsführer sagt, man habe erst 1998 von dieser verwaltungsinternen Vorschrift gehört. "Ich wusste gar nicht, dass Herr Kurth 1997 eine Wohnung gekauft hatte." Und Kurth-Sprecher Dittko ergänzt, dass dieses Merkblatt nur bei Veräußerungen von Grundstücken, und nicht von Wohnungen gelte.
Peter Kurth wohnte in Wilmersdorf, bis er nach Mitte zog. Er kaufte diese Wohnung von Mike Uwe Hinkel, Geschäftsführer der City Immobiliengesellschaft und der City Media Consult GmbH (CMC). Die CMC hatte eine Optionserklärung über 200 000 Mark für das Grundstück Friedrichstraße / Unter den Linden. Die Vertragsbedingungen für die Errichtung eines Medienzentrums wurden aber nicht erfüllt, der Senat will jetzt neu ausschreiben. Und wo liegt Kurths Fehler? Gute Frage.