Berlin: Lehrermangel: Rezepte gegen die drohende Misere
Trotz des absehbaren Defizits an mehreren tausend Lehrern in den nächsten zehn Jahren weist die Senatsschulverwaltung weiterhin Referendariatsanwärter ab. Selbst Vertreter von Mangelfächern werden von Jahr zu Jahr vertröstet.
Trotz des absehbaren Defizits an mehreren tausend Lehrern in den nächsten zehn Jahren weist die Senatsschulverwaltung weiterhin Referendariatsanwärter ab. Selbst Vertreter von Mangelfächern werden von Jahr zu Jahr vertröstet. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert jetzt die Aufstockung der Referendarsplätze um 300, eine Ausweitung der Kapazitäten für die Lehrerbildung an den Universitäten und eine radikale Verkürzung der Prüfungszeiten. Andernfalls steuere das Schulwesen auf eine "Katastrophe" zu, prognostiziert GEW-Chef Ulrich Thöne.
Zurzeit gibt es 1800 Plätze für Lehramtsanwärter. Aktuell stehen dem 2100 Bewerber gegenüber, so die Gewerkschaft. Allein für den Einstellungstermin Mai 2001 wurden 244 Anwärter abgelehnt. Die GEW präsentierte gestern den Fall der 30-jährigen Katrin Dröscher, einer Absolventin des ersten Lehrerexamens, die bereits vier Mal auf ihre Bewerbung für einen Referendariatsplatz eine Absage bekommen hat. Und dies, obwohl sie sich auf verhaltensgestörte Kinder und Behindertenpädagogik spezialisiert hat - ein Gebiet, in dem Fachkräftemangel herrscht. Die Sonderschulen müssen sich seit Jahren mit Lehrern begnügen, die eigentlich für allgemeinbildende Schulen ausgebildet sind.
Aber selbst wenn alle jetzt vorhandenen Bewerber eingestellt würden, wäre der Mangel noch längst nicht abgewendet, da mangels Studienplätzen nicht genug Anwärter nachwachsen. Die GEW erinnert daran, dass seit 1993 im Bereich Erziehungswissenschaften allein an der FU von 45 Professuren 30 gestrichen wurden, im Bereich Grundschulpädagogik vier von acht. An der HU blieben 12 von ehemals 22 Professuren, an der TU 17 von 69. Jetzt sei der Senat gefordert, dieser Tendenz gegenzusteuern. Zudem müssen die Organisation des Studiums verbessert und Studieninhalte "entfrachtet" werden.
Der Lehrermangel wird laut GEW vor allem zu Lasten der ärmeren Bezirke gehen, die aufgrund ihrer sozialen Schieflage weniger attraktiv für die Lehrer sind. Denn nach Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes würden die Pädagogen nicht mehr zentral vom Landesschulamt verteilt, sondern könnten sich ihre Schulen selbst auswählen.
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sve