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An der TU Berlin stand das Wasser auf den Fluren des Chemiegebäudes.

© TU Berlin

Marode Unis in Berlin: Wir betreiben Spitzenforschung in Schrottgebäuden

Der Sanierungsstau allein an der TU Berlin beträgt 2,4 Milliarden Euro. Nach und nach fallen die Gebäude nun aus, mit gravierenden Folgen für den Uni-Betrieb. Die Politik muss endlich handeln.

Ein Gastbeitrag von Geraldine Rauch

Das Wasser läuft über den Stromkasten. Im Seminarraum bricht die Zwischendecke herunter. Uralte Umspannwerke, für die keine Ersatzteile mehr zu bekommen sind, sichern die Stromversorgung für den kompletten Campus. Das ist derzeitig die Situation an der TU.

Das alte Physikgebäude an der Hardenbergstraße ist akut von einer Schließung wegen Sicherheitsmängeln bedroht. Der Beginn der Planung des neuen Physikgebäudes wurde in der Investitionsplanung des Landes gerade wieder verschoben. Die Wahrscheinlichkeit, dass das neue Gebäude fertig ist, bevor das alte geschlossen wird, geht gegen null.

Nur eine schicke Fassade

Das Gebäude der Technischen Chemie hat durch das Land Berlin eine neue, brandschutzsichere Fassade erhalten. Die sieht zwar schick aus. Schade nur, dass Elektrik, Abluft und Leitungen im Inneren dafür sorgen, dass das Haus akut von einer Schließung bedroht ist: Wie ein Auto ohne Motor, dafür mit neuen Reifen. Das Haus ist in der Investitionsplanung des Landes angemeldet – wo ist also das Problem? Leider ist die Entscheidung darüber gerade auf August vertagt worden.

Auch die Sanierung des Mathematikgebäudes ist in der Planung angemeldet. Es handelt sich um eines unserer größten Gebäude. Momentan ist es geschlossen, denn ein Wasserschaden hat sich von der achten bis in die zweite Etage gekämpft. Die Sanierung des Gebäudes ist seit 2008 in der Diskussion. Dass es 15 Jahre später wegen Sabotage geschlossen wird und nicht wegen Altersschwäche, erscheint fast schon sarkastisch.

Steine in den Weg gelegt

Es ist also nicht auszuschließen, dass auch die Technische Chemie geschlossen werden muss. Sollte es zur Sanierung kommen, müssen Forschende und Studierende in der Zwischenzeit untergebracht werden. Unser Plan: Aus Restgeldern von Forschungsprojekten wollten wir einen Modulbau als zwischenzeitlichen Ersatzbau errichten. Doch der Senat erteilt keine Abrissgenehmigung für die nicht nutzbaren Altgebäude auf dem vorgesehenen Bauplatz. Je länger wir warten, umso teurer wird der Bau: nämlich mehrere Millionen Euro.

Wir betreiben Spitzenforschung in Schrottgebäuden. Das geht aber nur so lange, wie wir die Schrottgebäude noch betreiben können. Jetzt fallen die Gebäude nach und nach aus. Die vom Land ausgerufene „Brain City“ verliert ihr Gehirn.

Schleppende Prozesse

Was können wir als Uni tun? Wir „plündern“ die Restekonten unserer Fachgebiete, können das Geld aber nicht ausgeben, weil die Genehmigungsprozesse nicht vorankommen. Unsere Hochschulstandortentwicklungsplanung beschreibt genau, in welchen Schritten wir vorgehen müssen. Nur scheitern wir leider schon am ersten Schritt.

Wir melden unsere wichtigsten Gebäude immer wieder in der Investitionsplanung an, bekommen aber über Jahre keine Zusagen. Wenn doch, werden sie nach hinten geschoben. Es reicht nicht aus, alle sechs Jahre ein einzelnes Gebäude zu sanieren. Dieses Vorgehen führt mittelfristig zum Ausfall ganzer Universitätsbereiche. Forschung und Lehre sind massiv beeinträchtigt.  

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Weil wir um die Haushaltsnöte Berlins wissen, schlagen wir Modelle mit privaten Partner*innen vor. Der anschließende Aufschrei: Hochschulen müssten in öffentlicher Hand bleiben. Das sehen wir auch so, aber lieber würden wir Gebäude unter privaten Investitionen erhalten, als sie unter fehlender staatlicher Unterstützung schließen.

Hochschulen sind Motor der Stadt

Warum braucht Berlin überhaupt Hochschulen? Ohne sie gibt es keine Lehrer*innen und keine Forschung und Ausbildung zu klimafreundlichen Technologien. Ohne Hochschulen gibt es auch keine Forschung zu der ethischen Verwendung von künstlicher Intelligenz. Sie liefern dem Wirtschaftsstandort Berlin Personal, ohne sie gäbe es weniger Start-ups und im Gesundheitswesen fehlten noch mehr Fachkräfte.

Ohne Investitionen sieht die Zukunft düster aus. Die Hochschulen sind nicht klimaneutral, weder jetzt noch 2030 oder 2040. Die Hochschulen sind Sanierungsfälle. Sie sind Notfallpatient*innen. Und sie warten noch immer auf die Rettungssanitäter.

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