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ADEL berichtet FOLGE  83: Maß halten

Stefan Stuckmann zeichnet auf, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt.

„Zum letzten Mal!“, rufe ich und ziehe meinen Jungdackel Taxi vom Spiegel weg. „Wenn du die Lederhose nicht anständig trägst, geht die ruckzuck zurück zum Amazon!“ Zugegeben, unsere Hintern sehen beide toll aus in braunem Wildleder, aber in meiner Doppelfunktion als Exilbayer und Vaterfigur muss ich natürlich darauf achten, dass wir folkloretechnisch absolut respektmäßig unterwegs sind.

„Also, jetzt steck das Hemd in die Hose, trink die Maß leer, und dann rennen wir noch mal die zehn Kilometer!“ Taxi nickt schlürfend. Hatte ich schon erwähnt, dass ich ein Vertreter des klassischen Oktoberfests bin, auf dem noch der sportliche Wettkampf zwischen jungen Männern im Mittelpunkt stand und Bier nur deshalb in rauen Mengen floss, weil die Bionade noch nicht erfunden war?

„Gut“, schnaufe ich eine knappe Stunde später, als wir im Festzelt am Alexanderplatz einlaufen, „dass Wildleder atmungsaktiv ist! Ich meine: Kann ja sein, dass wir schwitzen, wenn wir Sonntag den Berlin-Marathon laufen!“ Taxi nickt und winkt zwei frische Maß herbei. „Ganz genau!“, sage ich. „Jetzt auf die Elektrolyte achten.“

So, und bevor wir weitertrainieren, muss ich Sie unbedingt noch auf den neuesten Stand bringen, was unsere Hollywood-Karriere betrifft. Nachdem sich die bisherigen 83 Fassungen unseres BER-Drehbuchs – in der Branche unter dem Arbeitstitel „Kassengift“ bekannt – für den kommerziellen Filmmarkt als zu sperrig erwiesen haben, mussten Taxi und ich erkennen, dass wir für die langen Erzählbögen rund um Flughafenboss Hartmut Mehdorn und seinen Technikchef Horst Amann von vornherein auf ein emotionaleres Genre hätten setzen müssen. Deshalb haben wir das Ganze jetzt als Daily Soap umgeschrieben.

Folge 1: Hartmut ist sauer. Schon wieder haben sich Horst und seine Ingenieure im Kreis um ihn herumgestellt und ihn böse geschubst. Und das nur, weil angeblich er die riesige Zeichnung von Horsts Gesicht auf das Rollfeld gepinselt hat. Mag ja sein, dass die Nase aussieht wie ein Penis – aber immerhin ist der drei Meter groß! Hartmut sinnt auf Rache: Noch am selben Nachmittag lässt er drei Tonnen Schwefel in die Entrauchungsanlage füllen und erzählt allen Angestellten, Horst mache eine Bohnendiät ...

Und nur damit das klar ist: Wenn Sie mich und Taxi an diesem Wochenende unter einer Bierbank liegen sehen, dann sind wir natürlich nicht sternhagelvoll, sondern regenerieren vom Marathon.

Hochachtungsvoll,

Ihr

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