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Berlin: Mit dem Totschläger in die U-Bahn Prozess: Lehrling griff harmlosen Fahrgast an

Sonntagvormittag auf einem U-Bahnhof; keine Zeit, die gefährlich scheint. Der 61-jährige Wolfgang R.

Sonntagvormittag auf einem U-Bahnhof; keine Zeit, die gefährlich scheint. Der 61-jährige Wolfgang R. hatte seine Mutter besucht und war nun auf dem Heimweg. In Kaulsdorf-Nord stieg er aus. Mit ihm drei junge Männer, die in der Bahn Bier getrunken hatten. Handwerker R. blieb wohl deshalb auch ruhig, als einer der Jugendlichen gegen seinen Beutel trat. „Na, Jungs“, sagte er lediglich.

Doch für einen 20-Jährigen war selbst diese kleine Bemerkung zu viel. Patrick S. zog einen Teleskopschlagstock. Mit dem Totschläger drosch er immer wieder auf den Handwerker ein. Seit gestern muss sich der Lehrling wegen versuchten Totschlags vor dem Berliner Landgericht verantworten. Er meinte, dass er angetrunken gewesen sei und dass ihn der ältere Mann beleidigt und geschlagen habe. „Ich war ziemlich wütend“, erklärte der Angeklagte. Doch die Wut war unbegründet. Es sei traurig, sagte der Vorsitzende Richter, dass man in dieser Stadt nichts Berechtigtes sagen dürfe, ohne sich der Gefahr auszusetzen.

Warum fährt ein junger Mann mit einem Totschläger in der Tasche umher? Patrick S. meinte, den habe er am Vorabend bei einem Zechgelage eingesteckt. „Mir war gar nicht bewusst, dass ich den in der Tasche hatte“, behauptete der Angeklagte. Die Richter glaubten ihm kein Wort. „Der ist ein Kilo schwer“, sagten sie. Er blieb dabei. Bei der Polizei allerdings hatte er eingeräumt, häufiger mit der Waffe umhergelaufen zu sein.

„Ich hatte mich bei der Sache auf dem U-Bahnhof nicht mehr unter Kontrolle“, sagte der Angeklagte. Mit Freunden habe er viel Bier getrunken und auch Drogen genommen. Er berichtete von einer zwölfstündigen Zechtour. „Was haben Sie gedacht, was durch einen Schlag mit einem Totschläger passieren kann?", fragten die Richter. Patrick S. zuckte mit den Schultern, sagte: „Vielleicht eine Beule.“

Wolfgang R. hatte nach den ersten Schlägen versucht, sich zu verteidigen. „Mach keinen Mist“, rief er dem Angreifer noch zu. Der aber war an jenem Vormittag im August letzten Jahres nicht zu bremsen. Als der Handwerker flüchtete, rannte Patrick S. hinterher. In einem Geschäft drosch er wieder auf R. ein. „Der junge Mann prügelte wie im Blutrausch“, erinnerte sich eine Verkäuferin. Wolfgang R. blutete am Ende aus drei Platzwunden am Kopf. „Ich hätte tot sein können“, sagte der Handwerker. Patrick S. soll gegenüber einem Kumpel geprahlt haben, dass sich bei den Schlägen auf den älteren Mann sogar der stählerne Totschläger verbog. Das bestritt er vor den Richtern. Dort kam auch ein Hauch von Reue. „Was ich getan habe, war nicht in Ordnung“, meinte der Mann. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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