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Berlin: Mitte: Der lächelnde Bär wohnt wieder im Stadthaus

Die große Bärennummer steigt heute Abend. Das Polizeiorchester spielt Richard Strauss und Johann Sebastian Bach, und alle Leute, die der Einladung des Innensenators in die Festhalle des Alten Stadthauses folgen, stehen um einen hellen Sandsteinsockel herum und blicken hinauf.

Die große Bärennummer steigt heute Abend. Das Polizeiorchester spielt Richard Strauss und Johann Sebastian Bach, und alle Leute, die der Einladung des Innensenators in die Festhalle des Alten Stadthauses folgen, stehen um einen hellen Sandsteinsockel herum und blicken hinauf. Denn da steht der Berliner Bär. Der ist nach 42 Jahren in den nach ihm benannten Saal ins Alte Stadthaus zurückkehrt, ist weder Kuscheltier noch ein aus dem Stadtwappen entsprungener Petz auf zwei Beinen. Dieser Bronzebär steht fest mit allen Vieren auf dem Boden, ein "kraftvolles Symbol der kommunalen Selbstverwaltung einer selbstbewußten Stadt", wie es Peter Fleischmann formuliert.

Den geschichtsbewussten Grundsatzreferenten aus der Senatsverwaltung für Inneres bewegt seit Jahren die Bärenfrage, und er hat verschiedene Deutungen zu diesem Tier, das, wenn man lange genug hinguckt, zu lächeln scheint. "Es steht ja nicht von ungefähr auf dem hellen Sockel aus lothringischem Kalkstein (Euviller Juragelb): Man blickt zur Stadt Berlin hinauf und nicht hinab - so entstand Würde durch Distanz". Der Bär trägt keine aggressive Pose zur Schau. "Er verneigt sich quasi vor dem herannahenden Bürger." Und: Das Wappentier steht in einem symbolischen Dreieck, das an den jeweiligen Ecken von einer Spruchweisheit Salomons gekennzeichnet ist - Symbolsprache für Bürgertugenden und weiser Rat fürs menschliche Zusammensein. 15 Spruchweisheiten zieren den Saal, ewige Wahrheiten wie: "Mancher ist arm bei großem Gut und mancher ist reich bei seiner Armut". Peter Fleischmann sagt: "Die Sprüche an den Brüstungen der Balkons stehen in der Tradition der jüdisch-christlichen Weisheitslehre, ihr Inhalt ist Teil unserer Rechts- und Verfassungskultur".

Der Bär hat seine Geschichte wie das Alte Stadthaus, in dem er nun wieder steht: Das graue Gebäude war, von Stadtbaurat Ludwig Hoffmann entworfen, am 29. Oktober 1911 als Erweiterung des Berliner Rathauses als "Stadthaus" eingeweiht worden. Nachdem 1938 das "Neue Stadthaus" in der Klosterstraße bezogen wurde, bekam das bisherige Stadthaus seine jetzige Bezeichnung "Altes Stadthaus". Von 1950 bis 1990 saß in dem kuppelgekrönten Haus an der Jüdenstraße der DDR-Ministerrat. 1958 war der große Saal, die "Bärenhalle", zu einem modernen Konferenz- und Empfangssaal umgebaut worden. Da passte das Tier auf dem Sockel nicht ins Bild.

Die Skulptur des bedeutenden Bildhauers Georg Wrba, der sich als Modell für seine Arbeit übrigens einen echten Braunbären im Käfig in sein Atelier geholt hatte, kam in den Tierpark Friedrichsfelde. Dort tobten sich die jüngsten Besucher auf dem Rücken des Bären aus - das Wappentier stand im Kinderzoo.

Als Hausherr im Alten Stadthaus eröffnete Innensenator Werthebach vor gut zwei Jahren den von Architekt Gerhard Spangenberg rekonstruierten Bärensaal, aber der Bär war nicht dabei. Der Tierpark wollte ihn nur gegen eine Kopie hergeben, und so ist es nun geschehen: Wrbas Bär wurde in der Bronzegießerei Noack in Leipzig für 30 000 Mark gewissermaßen geklont, der Zwilling kommt in den Tierpark, das Original auf den neuen Sockel.

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