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Berlin: „Mord ist im Islam nicht erlaubt“

Wie türkische Blätter über das Gedenken für die erschossene Türkin berichteten

Etwa 120 Menschen hielten am Dienstag in Tempelhof eine Mahnwache am Oberlandgarten in Tempelhof, wo die 23-jährige Hatun Sürücü am 7. Februar erschossen worden war. Drei Tage später zeigte sich der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) bestürzt über die Tat und präsentierte einen „10-Punkte-Plan zur Bekämpfung der Intoleranz gegenüber Frauen“. Und auch die meisten türkischen Zeitungen blieben in der vergangenen Woche im Fall der getöteten jungen Mutter am Ball und berichteten groß über die Aktionen in Berlin. Denn die ganze Stadt geht davon aus, dass Hatun Sürücü Opfer eines Ehrenmordes geworden ist, weil sie sich aus den traditionellen Zwängen ihrer Familie befreit hatte. Tatsächlich wurden ihre drei Brüder verhaftet, sie bestreiten aber die Tat.

Jedenfalls muss man die Berichterstattung in den türkischen Zeitungen vor diesem Hintergrund sehen. „Gedenken an Mutter Hatun“, schrieb die Tageszeitung Hürriyet am Mittwoch in der Überschrift zu dem bebilderten Text über die Mahnwache. Die auflagenstarke Boulevardzeitung berichtete bisher am ausführlichsten über die Tat. Hatun Sürücü sei aus dem Haus in ein Auto gelockt und dann auf offener Straße vor den Augen ihres Sohnes getötet worden, behauptete Hürriyet bereits ohne Quellenangabe, als nur vage feststand, dass die Frau vermutlich auf die Straße gelockt und dann kaltblütig hingerichtet wurde. Und die liberale Milliyet, die die Mahnwache zum bebilderten Aufmacher der Titelseite der Europa-Beilage am Mittwoch machte, schrieb erneut in den Unterzeilen, dass die Tat vor den Augen ihres kleinen Sohnes geschehen sei, obwohl das Kind zu Hause schlief, als die Polizei dort nachschaute.

„Ehrenmorde sind im Islam nicht erlaubt“, zitierte die Türkiye in der Überschrift zu ihrem großen bebilderten Bericht. In den Unterzeilen wurde klar, dass das Zitat von der Zeitung selbst stammt. „Während der Mahnwache, die vom Verband der Homosexuellen organisiert wurde, gab es Tendenzen, die Tat der Religion und Kultur zuzuschieben. Dabei ist Mord im Islam nicht erlaubt.“ Auch am Dienstag kritisierte die Zeitung, dass dieser noch ungeklärte Mord „jetzt auch Gegenstand der Politik geworden ist“. Dazu zeigte die Zeitung ein Bild von Hatun Sürücü und vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der die Türken in Berlin in Zusammenhang mit dem Mord zur Integration aufgerufen hatte. Die Türkiye hatte am Anfang über diesen Fall nur Meldungen gebracht. Erst in der vergangenen Woche wurde sie richtig aktiv.

Suzan Gülfirat

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