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Berlin: Mordkommission (5): Zum Schweigen verurteilt

Wer einen Mord begeht, kann mit niemandem darüber reden, obwohl etwas Dramatisches in seinem Leben passiert ist. Wie gehen Mörder mit dieser Belastung um?

Wer einen Mord begeht, kann mit niemandem darüber reden, obwohl etwas Dramatisches in seinem Leben passiert ist. Wie gehen Mörder mit dieser Belastung um? Darüber haben wir mit Hans-Ludwig Kröber gesprochen. Er ist Professor am Institut für forensische Psychiatrie der FU.

Wie lebt ein Mörder mit dem Wissen, dass er jemanden umgebracht hat?

Solange der Mörder nicht überführt ist, steht für ihn in der Regel die Angst vor Entdeckung ganz im Vordergrund. Es geht für ihn darum, ob er geschnappt wird oder nicht. Das kann die Frage nach Schuld und Ähnlichem für lange Zeit überdecken. Es macht dabei natürlich einen Unterschied, ob ein Mörder letztlich zufrieden ist mit seiner Tat, ob er das Opfer so gehasst hat, dass er jetzt froh ist über dessen Tod, oder ob er im Nachhinein anders darüber denkt. Aber Mörder müssen ihre Tat nicht zwangsläufig bereuen.

Schuld spielt also nur eine untergeordnete Rolle?

Es gibt sicherlich Einzelne, die sich intensiv mit ihrer Schuld beschäftigen. Aber man muss sich die Menschen - alle Menschen, nicht nur die Täter - nicht zu empfindsam vorstellen. Unsere Fähigkeit, die Schuld bei anderen zu suchen, ist sehr ausgeprägt.

Wie gehen Serienmörder mit ihrer Tat um? Tritt beim zweiten oder dritten Mord eine Gewöhnung ein, werden die Gewissensbisse weniger?

Grundsätzlich kommt es ja sehr selten vor, dass Menschen mehrfach töten. In diesen wenigen Fällen handelt es sich aber tatsächlich oft um Menschen, die gefühlsmäßg wenig berührbar sind und wenig Schuld- oder Reuegefühle entwickeln. Das sind in der Regel Menschen, die überhaupt wenig Gefühle für andere Menschen entwickeln können.

Wie groß ist für einen Mörder das Bedürfnis, sich jemandem anzuvertrauen?

Es gibt ein starkes Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Das ist unabhängig von Schuldgefühlen. Ein Mord ist ein dramatisches Ereignis im Leben eines Menschen, und es ist normal, das auch mitteilen zu wollen. Ein Mörder ist aber in der Not, dass er mit niemandem über seine Tat reden kann, weil er sich sonst verraten würde. Viele Täter belastet das sehr. Wenn sie dann mit der Polizei in Kontakt kommen, verraten sie sich häufig, versprechen sich und packen dann aus.

Erzählen manche Mörder auch schon vor ihrer Entdeckung von ihrer Tat?

Soweit ich das überblicken kann, kommt das nicht oft vor. Manchmal macht ein Täter Andeutungen, es sei etwas Schlimmes passiert oder so ähnlich. Aber selten macht ein Täter, was er eigentlich braucht: Wirklich erzählen, was passiert ist. Dieses Schweigen ist eine große Belastung.

Fühlt sich ein entdeckter Mörder nach seinem Geständnis dann erleichtert?

Das ist häufig so. Diese Erleichterung ist dann aber ziemlich schnell wieder verschwunden. Viele machen sich dann anschließend Vorwürfe und ärgern sich, dass sie geredet haben.

In Kriminalfilmen heißt es ja oft, dass Mörder zum Tatort zurückkehren, oder das Begräbnis ihres Opfers besuchen. Sind das nur Filmgeschichten, oder ist da tatsächlich etwas dran?

Es ist für einen Täter eine merkwürdige Situation, dass ein Mord passiert ist, und dann ist hinterher nichts mehr davon zu sehen. Es ist ja nicht so, dass immer groß in den Zeitungen berichtet wird. Der Mörder weiß dann überhaupt nicht, was denn nun weiter geschehen ist. Er hat das Gefühl, dass das Leben einfach weiterläuft und alle so tun, als sei nichts passiert. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Leiche noch gar nicht gefunden ist. In solchen Fällen kehren Mörder manchmal zum Tatort zurück. Sie schauen nach, ob die Leiche noch da ist, versuchen herauszufinden, was der Stand der Dinge ist, was die Polizei weiß. Ich glaube, dass es rationale Gründe dafür geben kann, sich so riskant zu verhalten und zum Tatort zurückzukommen.

Wie lebt ein Mörder mit dem Wissen[dass er j]

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