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Berlin: Mutter 22 Mal mit Hammer auf den Kopf geschlagen

Sohn erhielt von der Strafkammer Moabit zehneinhalb Jahre Freiheitsstrafejmw Am Ende war die Verteidigerin sichtlich zufrieden. "Das hätte auch anders ausgehen können", sagt sie.

Sohn erhielt von der Strafkammer Moabit zehneinhalb Jahre Freiheitsstrafejmw

Am Ende war die Verteidigerin sichtlich zufrieden. "Das hätte auch anders ausgehen können", sagt sie. Kurz zuvor hatte die Große Strafkammer Moabit ihren Mandanten, den 42-jährigen Stefan F., wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Am 23. Dezember war die 76-jährige Hamburger Rentnerin Frieda-Luise F. nach Berlin gereist, um mit ihrem Sohn Stefan in dessen Wittenauer Wohnung das Weihnachtsfest zu verbringen. Am 26. Dezember tötete Stefan F. seine Mutter nach einem Streit um den Kauf einer Zeitung. Erschreckend ist neben dem Anlass vor allem die Vorgehensweise: Zunächst schlug F. mit einem herumliegenden Hammer 22 Mal auf den Kopf seiner Mutter ein. Anschließend zog er seinen Gürtel an der Hose und strangulierte die nach Aussage des Gerichtsmediziners bereits tödlich Verletzte. Als er bemerkte, dass sie immer noch am Leben war, nahm er einen Schraubendreher und stach 19 mal auf den Hals seiner Mutter ein.

Kein Wunder, dass der Vorsitzende Richter angesichts des Tathergangs kein Hehl aus seinen Überlegungen machte, Stefan F. einen Mord nachweisen zu wollen. Doch der wollte sich einfach nicht ins Bild des kaltblütigen Mörders einpassen. Gebeugt saß der gelernte Krankenpflegehelfer auf der Anklagebank: schmal, grau, unscheinbar. Fragen der Strafkammer beantwortete er ein wenig unbeholfen, aber nur selten ausweichend. Er erzählte von seiner Drogensucht, dem Leben als Obdachloser auf der Trebe und den Versuchen, sesshaft zu werden. Am längsten hielt er sich mit der Schilderung seiner Mutter auf. Nachdem sich der Vater abgesetzt hatte, musste sie ihn alleine durchbringen. "Sie hat mich mit ihrer Fürsorge förmlich erstickt." Richtig von ihr lösen konnte er sich nie - auch während der Zeit auf der Straße nicht. Mit der Zeit habe er sich aufgerappelt und im August 1999 die erste eigene Wohnung bezogen: ein Zimmer, 33 Quadratmeter. Und in der hockten die beiden über die Feiertage, bis F. explodierte.

Tage wie unter Käseglocke seien das gewesen, erklärt die psychiatrische Gutachterin. "Da ist aus einer Mücke ein Elefant geworden. Eigentlich banale Anlässe wurden riesengroß." Zum Beispiel die Weigerung der Mutter, den Sohn für die in seinen Augen "ideale" Wohnung zu beglückwünschen. Oder F.s Empörung, dass sie keinerlei Anstalten machte, ihre Rückreise in Angriff zu nehmen. Oder eben ihre Lethargie, nicht einmal eine Zeitung kaufen gehen zu wollen. Der Angeklagte habe eine labile Persönlichkeit, und die Situation habe ihn überfordert. Der Schluss der Gutachterin: "Die Tat wurde im Affekt begangen."

Auf die zweifelnde Frage des Richters, ob es Affekthandlungen gebe, die über längere Zeit anhielten und - wie in diesem Falle - immer wieder unterbrochen würden, antwortete die Psychiaterin: "Das kann man nicht ausschließen." Damit war Mord als Anklage aus dem Spiel - doch der Vorsitzende Richter blieb skeptisch. "Ohne das Gutachten wären wir bei einer Verurteilung wegen Mordes gelandet", sagte er in der Urteilsbegründung. "Und womöglich wäre das die angemessene Strafe gewesen."

jmw

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