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Berlin: Nachfrage nach Schutzkleidung steigt seit einiger Zeit - Händler wollen den Dienstausweis sehen

Das Telefon steht nicht still. "Zwischen 950 und 1050 Mark kosten sie .

Das Telefon steht nicht still. "Zwischen 950 und 1050 Mark kosten sie ... Ja, Sie müssen sich genau ausmessen lassen ... Und dann dauert es vier bis fünf Wochen." Marita Gatzke hat den Hörer gerade aufgelegt, da kommt eine junge Frau in den Laden. Auch sie will sich über schuss- und stichsichere Westen informieren. Der Hintergrund ist klar: Seit am Wochenende eine privat angeschaffte Schutzweste einem Polizeibeamten in Friedrichshain schwerste Verletzungen erspart, ihm vielleicht das Leben gerettet hat, häufen sich bei Fuchs, einem Spezial-Ausstatter in der Kirchstraße in Moabit die Anfragen.

Die junge Beamtin sagt, zwei Mal sei sie schon mit dem Messer angegriffen worden. Und ihren Kollegen gehe es ähnlich. "Die meisten von uns sind jetzt seit einem halben Jahr oder so auf dem Abschnitt. Nun haben wir auch die Kohle, um über den Kauf von Westen nachzudenken." Zwar liege in den Funkwagen Sicherheits-Ausrüstung, sagt ein anderer Beamter, "aber die Westen sind oft zu groß oder zu klein." Und Sinn mache ein solches Kleidungsstück ja nur, wenn es gut sitzt: "Sonst trägt man es doch nicht."

Seit einem halben Jahr zieht das Geschäft mit den Westen deutlich an, hat Ladeninhaberin Martina Fuchs festgestellt. Sie setzt nach eigenen Angaben "eine siebenstellige Summe im Jahr" um - mit Pullis und Stiefeln, Supermarktchips mit Polizei-Emblem, aber eben auch mit Westen. Rund 200 gehen im Jahr bei ihr über den Tresen - gegen Dienstausweis. Einen Kleinkaliber-Schuss und Messerstiche halte die Weste aus, deren Einlage aus einem 37 Schichten starken und dennoch flexiblen Gewebe besteht. Sie verwandelt den punktförmigen Aufprall eines Projektils in flächigen Druck - "das ist, wie wenn man sich aufs dünne Eis legt, statt es zu betreten", erklärt Fuchs.

Die Polizeigewerkschaften sähen es gar nicht so gerne, wenn sich Beamte privat Schutzausrüstung zulegen. "Die wollen Druck machen, dass der Dienstherr Westen für alle beschafft", so die beiden Frauen im Laden. Doch offenbar wollen viele Polizisten auf diesen Tag nicht mehr warten. Und sie erwarten auch nicht, dass Berlin dem Beispiel von Schleswig-Holstein oder Niedersachsen folgt und einen Zuschuss von 400 Mark gibt, wenn sich Polizisten eine geprüfte Schutzweste privat anschaffen. .

Die junge Kundin lässt sich weiter informieren: Hundertprozentige Sicherheit könne es nie geben. "Wenn jemand mit einer Kalaschnikow zielt, nützt Dir die Weste nicht mehr so viel." Geprüft ("beim Beschussamt in Mellrichstadt") sei dagegen, dass die bei Fuchs verkaufte Weste auch gegen Eisenkern-Munition aus Ost-Produktion schütze.

Ob es denn Rabatt für eine Sammelbestellung gebe, will die Polizistin beim Gehen noch wissen. "Wir sind schon mindestens fünf Kollegen auf dem Abschnitt, die sich jetzt eine kaufen wollen."

Jörg-Peter Rau

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