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Von Tag zu Tag: Nadelt nicht

Lothar Heinke fühlt der besinnlichen Zeit voraus

Es ist kaum auszuhalten, wie Berlin allüberall im Umbruch steckt. Nichts bleibt, wie es war: Die Gedächtniskirche verschwindet hinter einem Plattenbaugerüst, Straßenzüge werden wegen Aufrissarbeiten, geborstener Rohre und Jahresend-Asphaltierungswut unpassierbar, und nun auch noch die Sache mit dem Boom: Keine Tanne, keine Fichte, nicht mal eine Birke auf dem Weihnachtsmarkt am Europacenter – nein, so ein kegelförmiges Plastik-Etwas, das wenigstens einen Vorteil hat: Es nadelt nicht und leuchtet doch. Aus innerer Freude. In dieser Woche sind Markt und Straßen das ganze Gegenteil von verlassen – Arbeiterfäuste hämmern, sägen und schrauben die Buden, Zelte und Fahrgeschäfte zusammen, damit uns ab kommendem Montag das Geld aus den Taschen springt. Dann öffnen die über 60 Weihnachtsmärkte, pietätvoll einen Tag nach Totensonntag, und in froher Erwartung, dass sich der Kunde nicht mehr so knausrig zeigt wie letztens, sondern mit einer gewissen Großzügigkeit aufschwungvoll über die Märkte schreitet. Wen dabei ein Kunstbaum stört, der fährt zum Gendarmenmarkt. Da strahlen die 100 000 Lichtpunkte an einer Fichte. Ganz traditionell.

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