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Er steht im Mittelpunkt der Affäre: René Gurka, Geschäftsführer von Berlin Partner.

© Mike Wolff

Gurka-Affäre: Neue Vorwürfe gegen Berlin Partner

Die Marketingfirma vergab offenbar einen weiteren Auftrag ohne die erforderliche Ausschreibung. Zudem ist die Firma KPMG, die das Geschäftsgebahren untersucht, selbst mit Berlin Partner wirtschaftlich verbunden.

Nur kurz nachdem die Wirtschaftsprüfer von KPMG einen Bericht über die Untersuchung von dubiosen Geschäftspraktiken im Management von Berlin Partner vorgestellt haben, sind neue Vorwürfe gegen die Geschäftsführung der Stadtmarketingfirma laut geworden. Nach Recherchen des Tagesspiegels wurde ein weiterer Auftrag ohne Ausschreibung vergeben: für den aufwendigen Umbau der Geschäftsräume im Ludwig-Erhard-Haus. Die Arbeiten stehen im Zusammenhang mit dem Kauf von Möbeln im Wert von 145 000 Euro ohne Ausschreibung. Der Umbau soll einen ähnlich hohen Betrag verschlungen haben wie der Erwerb der Möbel.

Der bisher nicht bekannte Auftrag zur Verschönerung der Geschäftsräume soll über eine Firma gelaufen sein, die im Designkaufhaus Stilwerk ihren Sitz hat. Bei derselben Firma hatte Berlin Partner bereits die Büromöbel angeschafft. Bereits im Zusammenhang mit dem Erwerb der Vitra-Möbel und Bulthaup-Küchen hatte die außerordentliche Prüfung der Berlin Partner „vergaberechtliche Mängel und Widersprüche bei der Beauftragung festgestellt“. Weil der teure Umbau der Geschäftsräume den Prüfern bislang kein Wort wert war, geraten jetzt auch sie in die Kritik.

Der Chef des Aufsichtsrates Peter Zühlsdorff, der erst Anfang des Jahres bestellt wurde, nimmt die neuen Vorwürfe ernst. Auf Anfrage des Tagesspiegels sagte er: Die Vorgänge um die Beauftragung der Umbauten müssen geprüft werden. Er veranlasse dies.

Dabei soll erneut die KPMG zum Zuge kommen. Im politischen Raum war Kritik an der Auswahl der Wirtschaftsprüfer für die Sonderprüfung aufgekommen. Denn die KPMG ist selbst ein Sponsor von Berlin Partner. Nach Recherchen des Tagesspiegels ist sie durch lukrative Aufträge wirtschaftlich verbunden mit der Marketingfirma, die sie überprüfen soll: In den vergangenen fünf Jahren hat die KPMG den Jahresabschluss der Berlin Partner überprüft und testiert – und dafür laut Handelsregister jeweils 30 000 Euro kassiert.

Die Affäre könnte personelle Konsequenzen haben - aber nicht für Gurka. Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Aufsichtsratschef Zühlsdorff sagte: „An der Unabhängigkeit von KPMG habe ich keinerlei Zweifel.“ Die Firma habe im Gegensatz zu anderen eine herausragende Expertise für Sonderprüfungen. Für die jährlichen Prüfungen habe sich die KPMG 2006 „als kostengünstigste Prüfungsgesellschaft durchgesetzt“ gegen vier andere Bewerber. Im Mai 2012 werde der Auftrag aber neu vergeben.

Aus Kreisen von Berlin Partner ist zu hören, dass die Gesellschaft nicht nur in Einzelfällen Aufträge an Mitgliedsfirmen vergeben haben soll. Eine Ausnahme ist aber ausgerechnet die Rechtsanwaltskanzlei, bei der der Ehepartner einer Mitarbeiterin von Berlin Partner beschäftigt ist. Diese Kanzlei soll das Mandat erhalten haben, weil sie günstiger als andere Anbieter gewesen sein soll. Dennoch hatte der Aufsichtsrat nicht ausgeschlossen, dass personelle Konsequenzen gezogen werden könnten. Diese sollen aber nicht den Geschäftsführer von Berlin Partner, René Gurka, treffen, obwohl diesem ein „Verstoß gegen die Geschäftsordnung“ zu Last gelegt wird – sondern seine Mitarbeiterin. Dabei hat die Mitarbeiterin weder das Mandat erteilt noch eine Budgetverantwortung inne. Zur Prokuristin wurde sie erst im September 2008 bestellt und darf laut Handelsregister überhaupt nur „gemeinsam mit einem Geschäftsführer“ Entscheidungen treffen.

Unter Mitarbeitern von Berlin Partner, die am Montag über die Ergebnisse der Prüfung informiert wurden, geht das Wort von einem „Bauernopfer“ um. Dadurch solle von Verfehlungen der Geschäftsleitung abgelenkt werden. Gerüchten zufolge soll die Affäre so nicht Harald Wolf (Linke) erreichen, der mitten im Wahlkampf steckt. Der Wirtschaftssenator ist Mitglied des Aufsichtsrats von Berlin Partner, lehnt Stellungnahmen zu der Affäre ab und stellte sich am Montag auch nicht Fragen der Abgeordneten im zuständigen Ausschuss des Parlaments – er schickte einen Staatssekretär.

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