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Berlin: Pilotprojekt: Millionenschwere Direktion

Seit Beginn des Jahres 2001 verfügt Michael Kreckel über Millionen. Ein reicher Mann ist er deshalb nicht, denn Michael Kreckel ist Polizeidirektor und Leiter der Direktion 6 in Friedrichshain.

Seit Beginn des Jahres 2001 verfügt Michael Kreckel über Millionen. Ein reicher Mann ist er deshalb nicht, denn Michael Kreckel ist Polizeidirektor und Leiter der Direktion 6 in Friedrichshain. Gemeinsam mit dem Landeskriminalamt am Tempelhofer Damm und der Landespolizeischule in Spandau wurde seine Direktion für ein Pilotprojekt ausgewählt. Im Rahmen der Berliner Verwaltungsreform haben diese Dienststellen einen eigenen Etat erhalten. 133 Millionen Mark sind dies bei der Direktion 6, immerhin sechs Prozent des gesamten Polizeihaushaltes. Damit gibt die zentrale Polizeiverwaltung einen Teil ihrer bisherigen Finanzhoheit an die einzelnen Organisationsgliederungen der Berliner Polizei ab. Wo das Geld verbraucht wird, soll es künftig auch verwaltet werden. Auf diese Weise will man sowohl die Eigenverantwortung wie auch die Eigeninitiative vor Ort stärken.

Abzüglich der anfallenden Personalkosten verbleiben Polizeidirektor Kreckel von seinen 133 Millionen noch rund 4 Millionen Mark. Von dieser Summe muss er jene Kosten bestreiten, die im Laufe des Jahres in seiner Direktion entstehen: Telefon- und Fernschreibkosten, Film-, Foto- und Büromaterialien, Benzin- und Energiekosten sowie die Instandhaltung der Gebäude. Auch Beförderungen bis zum Hauptkommissar kann der Direktionsleiter jetzt selbst vornehmen. Bislang konnte er hier nur Vorschläge machen.

Wie Kreckel seine vier Millionen verwendet, wo er einspart oder Neuanschaffungen tätigt, bleibt nun ihm überlassen. Auch eventuelle Einahmen, beispielsweise durch die Vermietung der Polizeisporthalle oder anderer geeigneter Räume für Veranstaltungen, bleiben in seinem Etat. Sollte es ihm möglicherweise sogar gelingen, am Jahresende einen Überschuss zu erwirtschaften, so fliesst nicht mehr alles an den Finanzsenator zurück. Einen Teil wird im Direktionshaushalt verbleiben und für weitere Investitionen zur Verfügung stehen.

An die Renovierung von Diensträumen denkt Direktionsleiter Kreckel zunächst nicht, obwohl dem Gebäude in der Wedekindstrasse in Friedrichshain ein bisschen Farbe sicher gut täte. An Instandhaltungsarbeiten soll nur das zwingend Nötige gemacht werden. "Die Verwaltungsreform muss auch für die Mitarbeiter erlebbar werden", sagt Michael Kreckel. Deshalb will er die Investitionsschwerpunkte zunächst lieber bei der Verbesserung des Fuhrparks und dem Ausbau von Computerarbeitsplätzen setzen. Wenn das Geld reicht. Seine Pläne aber führen weiter.

So ist einer seiner Polizeiabschnitte beispielsweise in einem historischen Gebäude in Köpenick untergebracht. Das Haus steht unter Denkmalschutz, Umbauten sind nicht möglich. Eigentlich müsste ich dort ständig zwei Beamte abstellen, die aufpassen, dass niemand die Wände bekritzelt", meint Kreckel. "Ein solches Haus brauchen wir nicht. Das ist eher etwas für jemanden der auf Repräsentation Wert legt." Wenn er eine Bank oder Versicherung fände, die ihm dafür einen schlüsselfertigen neuen Polizeiabschnitt baute, sagt Kreckel, "dann ziehen wir sofort aus". Zukunftsmusik. "Aber", sagt der Polizeidirektor, "ohne Ideen funktioniert die Verwaltungsreform nicht."

Beraten werden die drei Pilotprojekte in der Startphase von einem Steuerungsdienst beim Polizeipräsidenten. Er soll unter anderem darauf achten, dass die Eigeninitiative nicht gleich wieder durch andere Verwaltungsentscheidungen zunichte gemacht wird. Als Beispiel verweist Andreas Walther, der Leiter des Steuerungsdienstes, auf die in diesem Jahr geplante zentrale Beschaffung von 1500 Computern für die Berliner Polizei. Auf die Verteilung dieser Geräte im Rahmen des POLIKS-Programmes, mit dem die Berliner Polizei in den kommenden Jahren ins Zeitalter der modernen Datenverarbeitung wechseln soll, dürften selbst erwirtschaftete Computer "natürlich nicht angerechnet" werden. Zwar sei man nicht zum Erfolg verdammt, sagt Walther. "Aber ein Scheitern kann ich mir nicht vorstellen." Wenn auch nur ein Teil seiner Pläne realisierbar werde, sagt Kreckel, "ist das schon ein Lustgewinn".

Otto Diederichs

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