Korruption: Ermittlungen beim Liegenschaftsfonds
Die Polizei prüft Korruptionsvorwürfe gegen zwei Mitarbeiter des landeseigenen Unternehmens: Sie sollen ohne Genehmigung Nebentätigkeiten ausgeübt haben. Auch der Verkauf eines Immobilienpakets wirft Fragen auf.
Die Anti-Korruptionsstelle beim Landeskriminalamt (LKA) ermittelt gegen zwei Mitarbeiter des landeseigenen Liegenschaftsfonds. Das bestätigte der Chef des Unternehmens, Holger Lippmann, am Montag dem Tagesspiegel. Außerdem werde eine interne Revision eingeleitet und geprüft, ob die beiden für Grundstücksverkäufe zuständigen Mitarbeiter im Dienst bleiben dürfen.
Ausgangspunkt der Ermittlungen ist eine Recherche des Tagesspiegels. Demnach waren der Teamleiter im Liegenschaftsfonds, Werner J., und dessen Kollege Kai R. nebenbei als Rechtsanwälte tätig und zeitweilig auch als Geschäftsführer der privaten Immobilienfirma Berlice GmbH. Für diese „Nebentätigkeit“ in den Jahren 2008/09 hatten sie keine Genehmigung ihres Arbeitgebers, bestätigte Lippmann. Ob und welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen dies hat, wird nun sondiert. „Wir werden den Fall umgehend und mit größter Intensität prüfen.“ Die Mitarbeiter J. und R. wurden bereits angehört. Zum Inhalt des Gesprächs wollte Lippmann nichts sagen.
Bei den Vorwürfen geht es nicht nur um die Kollision privater und öffentlicher Interessen, sondern auch um die Frage, ob bei den Verhandlungen zum Verkauf eines großen Immobilienpakets (45 Grundstücke im geschätzten Wert von 100 Millionen Euro) alles mit rechten Dingen zuging, und inwieweit die Firma Berlice GmbH bzw. deren Geschäftsführer möglicherweise illegal in den Deal verwickelt waren.
Christian Sundermann, Staatssekretär in der Finanzverwaltung und Aufsichtsratschef des Liegenschaftsfonds, berief am Montag die Geschäftsführung des Unternehmens ein, um sich detailliert informieren zu lassen. „Wir haben das größte Interesse, in dieser Sache Transparenz zu schaffen“, sagte die Sprecherin der Finanzbehörde, Kathrin Bierwirth. Die Haushaltsexperten Dilek Kolat (SPD) und Jochen Esser (Grüne), die beide im Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds sitzen, forderten lückenlose Aufklärung. Esser kritisierte auch die Nebentätigkeit der beiden Mitarbeiter als Rechtsanwälte, die von der Geschäftsführung genehmigt war. „Gerade im Immobiliensektor sollte man dies grundsätzlich unterlassen.“
Die CDU-Politiker Florian Graf und Michael Braun forderten am Montag eine „kurzfristige Klärung der Vorwürfe bis zur nächsten Sitzung des parlamentarischen Vermögensausschusses“. Dort solle Lippmann vorgeladen werden. Außerdem müssten die Mitarbeiter J. und R. bis zur endgültigen Aufklärung des Sachverhalts sofort suspendiert werden. „Es ist zwingend erforderlich, dass die Beschäftigten des Liegenschaftsfonds ausschließlich die Interessen des Landes wahrnehmen und nicht gleichzeitig, in welcher Funktion auch immer, für private Immobilienunternehmen tätig sind.“ Offenbar sorge Geschäftsführer Lippmann nicht für eine ausreichend klare Trennungslinie. Angesichts der neuen Erkenntnisse klingt es wie ein Witz: J. und R., gegen die nun ermittelt wird, haben 2001 gemeinsam einen Aufsatz für die Bundeszentrale für politische Bildung geschrieben: „Wirtschaftskriminalität im Einigungsprozess“.
Der Liegenschaftsfonds wurde im Januar 2001 gegründet, um kommunale Grundstücke professionell und effektiv zu vermarkten. Seitdem wurden fast 5500 Kaufverträge mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro abgeschlossen.