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Prozess: Staatsanwalt: Rudower Briefbomber soll lebenslang in Haft

Im Fall Charlyn will der Ankläger den Bombenleger Peter J. lebenslang hinter Gittern sehen. Der Angeklagte habe beim Anschlag auf seine Nichte "geplant, konsequent, selbstbestimmt" gehandelt – aus Hass und Rache.

Bombenleger Peter J. sollte aus Sicht des Anklägers mit lebenslanger Haft bestraft werden. Er habe sich mit selbstgebastelten Sprengsätzen rächen wollen, habe die Familie seiner Stiefschwester regelrecht ins Unglück laufen lassen. Peter J. sei des versuchten Mordes schuldig zu sprechen – ohne Milderung der möglichen Höchststrafe. „Der nicht tödliche Ausgang ist nicht sein Verdienst“, hieß es am Montag im Plädoyer des Staatsanwalts.

Der 33-jährige Peter J. hatte am Morgen des 26. November 2008 zwei Sprengfallen gelegt. Eine Briefbombe deponierte er im Postkasten der Familie seiner Stiefschwester in Rudow. Eine weitere Bombe, versteckt in einer Konservendose, stellte er auf das Auto seines Schwagers. Als seine zwölfjährige Nichte Charlyn am Nachmittag den Umschlag sah und daran zog, kam es zur Explosion. Die Druckwelle war so stark, dass die Haustür splitterte. „Es grenzt an ein Wunder, dass Charlyn überlebte“, sagte der Staatsanwalt. Zwar konnte der rechte Arm durch mehrere Operationen gerettet werden. Es sei aber ungewiss, ob das Mädchen ihn jemals wieder so gebrauchen können wird wie vor der Katastrophe. „Charlyn muss jeden Tag sehr viel kämpfen“, hatte ihre Mutter erklärt. Jeden Tag nach der Schule gehe ihre Tochter zur Therapie.

Peter J. hatte den Anschlag zugegeben. Charlyn habe er nicht verletzen wollen, sagte er. „Sie war die Einzige in der Familie, die ich mochte.“ Ihren Vater habe er treffen wollen. „Hand ab – dafür, dass er geklaut hat“, fügte J. mit einem kalten Lachen hinzu. Er habe nicht töten, sondern „ein Zeichen setzen“ und so Ermittlungen der Polizei in Gang bringen wollen. Er habe die Bomben gelegt, weil sich „in meinem Kopf etwas festgebrannt hatte“.

Seine Version war schwer nachvollziehbar. Im Mittelpunkt stand ein Einbruch in seine Wohnung Weihnachten 2007, für den er Charlyns Eltern verantwortlich machte. Nach seiner Darstellung sollte die Bombe im Briefkasten gar nicht explodieren. Er sei davon ausgegangen, dass zuerst die Dose auf dem Auto detoniert.

Der arbeitslose J., aufgewachsen in einer Pflegefamilie, habe eine dissoziale Entwicklung genommen, hatte ein psychiatrischer Gutachter erklärt. Er neige zur Selbstüberschätzung, könne auf Kritik empfindlich reagieren, suche die Schuld stets bei anderen. Trotz einer Persönlichkeitsstörung mit paranoider Komponente sei J. aber bei der Tat nicht vermindert schuldfähig gewesen.

So sah es nun auch der Ankläger. Peter J. habe „geplant, konsequent, selbstbestimmt“ gehandelt – aus Hass und Rache. Ihm sei nach mehreren Probesprengungen auch die Brisanz der Bomben bekannt gewesen. „Er war nicht der Getriebene“, so der Staatsanwalt. Dass er sich verfolgt fühlte und eigentlich nur mit seiner Stiefschwester reden wollte, seien „nachgeschobene Erklärungen“. Peter J. sah kaum auf, als der Ankläger sprach. Er machte sich Notizen. Sein Verteidiger wird wohl am Mittwoch plädieren. K. G.

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