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Bayern, Gablingen: Die Innenseite des Haupteingangs der Justizvollzugsanstalt (JVA) ist mit Klingendraht gesichert. Der JVA Augsburg-Gablingen wird die Misshandlung von Häftlingen vorgeworfen.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Vorwürfe möglicher Häftlingsmisshandlung : Ermittlungen gegen zehn Beschuldigte aus JVA Gablingen

Nach den Vorwürfen wegen möglicher Häftlingsmisshandlung in einer JVA in Augsburg kündigt der Justizminister nun Konsequenzen an.

Stand:

Im Fall möglicher Häftlingsmisshandlungen in der JVA Augsburg-Gablingen ermittelt die Staatsanwaltschaft aktuell gegen zehn Verdächtige. Wie die Behörde mitteilte, wird gegen die stellvertretende Anstaltsleiterin der Justizvollzugsanstalt sowie neun weitere Bedienstete der Anstalt ermittelt. Es gehe unter anderem um mögliche Körperverletzungsdelikte im Amt sowie um tätliche Übergriffe von Beschäftigten auf Gefangene. Laut dem Justizministerium wurden Disziplinarmaßnahmen gegen die Beschuldigten eingeleitet und Betretungsverbote für die JVA verhängt.

Es besteht nach Angaben der Staatsanwaltschaft der Anfangsverdacht, dass Gefangene möglicherweise unbekleidet in sogenannten besonders gesicherten Hafträumen ohne gefährdende Gegenstände untergebracht worden sein sollen, ohne dass die besonderen Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen.

Staatsanwaltschaft hat Ermittlungsgruppe eingerichtet

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens seien am 24. und am 30. Oktober in der JVA umfangreiche Unterlagen, elektronische Daten sowie Mobiltelefone sichergestellt worden, die nun ausgewertet würden. Daneben solle eine Vielzahl von Zeugen vernommen werden. Die Staatsanwaltschaft hat eine Ermittlungsgruppe eingerichtet.

Die beschuldigte und inzwischen vorläufig suspendierte stellvertretende Gefängnisleiterin weist die Vorwürfe gegen sie zurück. Ihre Anwälte forderten von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in einem Brief, dem Justizministerium „die Befugnis zu entziehen, sich weiterhin als Aufsichtsbehörde mit der Prüfung von Vorwürfen in Zusammenhang mit der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen zu befassen“.

Bayerns Justizminister: Wurde nicht informiert

Nun hat sich Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) erstmals persönlich zu den Vorwürfen geäußert. Der Minister erklärte, er sei nicht über die ersten Vorwürfe einer Anstaltsärztin zu den Zuständen in der Anstalt in Kenntnis gesetzt worden. „Ich bin im letzten Jahr, wie diese E-Mail kam, nicht darüber informiert worden“, sagte Eisenreich in München. Die damalige Anstaltsärztin hatte sich Mitte Oktober 2023 mit einer Eingabe insbesondere zu der Unterbringung von Gefangenen in den besonders gesicherten Hafträumen in der JVA an die Strafvollzugsabteilung des Ministeriums gewandt.

Die zuständige Abteilung habe umgehend gehandelt, vor allem die Staatsanwaltschaft zur Prüfung der Vorwürfe eingeschaltet, betonte Eisenreich. „Was sie nicht gemacht hat, war mich zu informieren.“ Es sei aber nichts vertuscht worden, mögliche Straftaten würden konsequent verfolgt. Die Abteilung habe die Aufklärung der Vorwürfe primär bei der Staatsanwaltschaft gesehen.

Minister kündigt Konsequenzen an

Die Bearbeitung von Beschwerden im Justizvollzug komme auf den Prüfstand, sagte Eisenreich am Donnerstag in München. Alle Beschwerden würden künftig statistisch erfasst, um etwa Vergleiche zu erleichtern und Auffälligkeiten schneller zu bemerken. Besondere Beschwerden müssten dem Minister vorgelegt werden. Auch solle es neue einheitliche Leitlinien für Unterbringungen in besonders gesicherten Hafträumen geben und das Monitoring dazu im Ministerium detaillierter werden.

Eisenreich ergänzte in Bezug auf das Gablinger Gefängnis, dessen Berichtspflichten an das Ministerium seien verschärft worden. Ferner habe man eine neue stellvertretende Leiterin eingesetzt. Überdies sei die Leiterin vorläufig freigestellt. Gegen sie gebe es zwar weder Beschuldigungen noch ein Disziplinarverfahren, doch solle so die Aufklärung der Vorwürfe erleichtert werden.

Täuschung durch JVA-Beschäftigte?

Eisenreich habe den Eindruck, dass sein Haus von einzelnen Mitarbeitern in Gablingen möglicherweise getäuscht worden sei. Womöglich habe man im Ministerium auch die Dimension der Vorfälle unterschätzt. „Rückblickend muss man sagen, dass bei der Kontrolle von Gablingen noch mehr hätte passieren müssen.“

Der Minister fügte hinzu, nun gelte es, die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Klar sei: „JVAs sind keine rechtsfreien Räume.“ Die Menschenwürde sei unantastbar, auch im Justizvollzug. (dpa, KNA)

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