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Berlin: Polizist war wehrlos: Schutzweste passte nicht ins Auto Der Kofferraum im Streifenwagen ist zu klein Motiv des Mörders von Kreuzberg weiter unklar

Nach der Schießerei mit zwei Toten und zwei Schwerverletzten am Montag in Kreuzberg gehen die Ermittlungen der Polizei nur schleppend voran. „Wir haben nichts greifbar Neues“, sagte der Leiter der Mordkommissionen, André Rauhut, am Mittwoch.

Nach der Schießerei mit zwei Toten und zwei Schwerverletzten am Montag in Kreuzberg gehen die Ermittlungen der Polizei nur schleppend voran. „Wir haben nichts greifbar Neues“, sagte der Leiter der Mordkommissionen, André Rauhut, am Mittwoch. Inzwischen wurde aber bekannt, dass der verletzte Polizist keine Schutzweste trug, weil er sie nicht mit seinem Dienstfahrzeug transportieren konnte.

Die Fahnder gehen jetzt der Frage nach, ob der Täter seine ExFreundin tötete, weil sie sich von ihm getrennt hatte, oder ob es noch einen anderen Konflikt gab. Bei der Schießerei am Montagnachmittag hatte der 38-jährige Stefan H. erst die 39-jährige Regine H. und dann sich selbst getötet. Zwei Menschen, darunter ein Polizist, wurden schwer verletzt. Ihr Zustand war auch am Mittwoch weiterhin kritisch (siehe Kasten).

Der 43-jährige Beamte und seine 45-jährige Streifenbegleiterin trugen keine Schutzwesten – sie passten nicht in den Kofferraum des Polizei-BMW. Die neuen Polizeifahrzeuge haben einen sehr flachen Kofferraum. Die Westen sind zu steif, um sie hinzulegen, sie können also nur aufrecht hingestellt werden. Dann aber lässt sich die Kofferraum-Persenning nicht schließen, die verhindert, dass Neugierige einen Blick auf die dort untergebrachte technische Ausstattung werfen. Also ließ die Besatzung ihre Schutzkleidung auf der Wache. Eine Pflicht zum Tragen der Schutzwesten besteht ohnehin nicht, bestätigte Polizeisprecher Karsten Gräfe. Allerdings lagen im zweiten Streifenwagen, einem VW-Bus, Westen bereit.

Die Besatzungen der zwei Funkstreifenwagen hatten den 38-jährigen Stefan H. an der Ohlauer Straße gestellt. Die drei Männer und eine Frau hatten ihn umringt und aufgefordert, die Hände zu heben. Keiner der Polizisten trug eine schusssichere Weste. Stefan H. ignorierte die Aufforderung, sich zu ergeben. Der 43-jährige Polizist vom Abschnitt 53 glaubte an einen günstigen Zeitpunkt und wollte H. überwältigen. Aber dieser zog seine Pistole von Kaliber 44 Magnum aus dem Hosenbund und schoss dem Polizisten in den Bauch. Hätte dieser eine Weste getragen, so hätte er durch den Aufprall des großen Kalibers sicherlich auch schwere innere Verletzungen erlitten, sagen Experten. Aber sie hätte verhindert, dass das Projektil den Körper durchschlägt.

Derzeit erhalten die Streifenbeamten nach und nach individuell zugeschnittene Schutzweste. Auch der 43-Jährige wartete täglich darauf, dass ihm seine Weste zugeteilt wird, für die er schon Wochen Maß genommen worden war.

Die beiden Kollegen vom VW-Bus hatten ihre Westen zwar im Fahrzeug, aber sie trotz der kurz zuvor gefallenen tödlichen Schüsse nicht übergezogen: „Da war wohl der Jagdinstinkt stärker als der Gedanke an die eigene Sicherheit“, sagte Uwe Hundt vom Gesamtpersonalrat der Polizei. Bei einer Umfrage unter Kollegen, ob sie bei einem Einsatz wie diesem ihre Streifenwagen stoppen und die Schutzwesten überziehen würden, antworteten fast alle mit „Nein“, berichtete Hundt.

In Seminaren und Rollenspielen werden Beamte immer wieder auf gefährliche Alltagssituationen vorbereitet. In der Polizeischule sollen künftig sogar unmittelbar nach einem Angriff auf Polizisten die Ereignisse aufgearbeitet und die Erkenntnisse weitergegeben werden. weso

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