zum Hauptinhalt
Herrschaftlich. Inzwischen trägt Prince wieder seinen alten Namen – jahrelang musste er sich „Symbol“ oder „TAFKAP“ nennen. Auf der Bühne blieb er sich immer treu. Foto: Imago

© IMAGO

Waldbühne: Prince in Berlin - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren war nach langer Abwesenheit Popsänger Prince wieder in Berlin zu sehen In der Waldbühne spielte er schon vor zwanzig Jahren – und feierte seinen größten Deutschlanderfolg. Was Maris Hubschmid darüber schrieb.

Von Maris Hubschmid

Er kommt zurück. Der Mann, der als Vorreiter einer neuen Popgeneration galt, von dem es in den Achtzigern hieß, er drohe Michael Jackson den Rang abzulaufen. Schwer vorstellbar ist sein Ruhm aus heutiger Sicht, denn dass es überhaupt noch Jugendliche gibt, denen er ein Begriff ist, verdankt er Julia Roberts und Dieter Bohlen. Erstere nennt seinen Namen in der stetig wiederholten Kultromanze „Pretty Woman“, zweiter erwähnt ihn gelegentlich bei „Deutschland sucht den Superstar“, wenn wieder jemand scheitert an „Purple Rain“. Aus den Hitlisten gleichwohl ist er seit langem verschwunden. Eine Gedächtnishilfe für die einen und Rückblende für alle Nachgeborenen: Wer ist das noch, Prince, der 1,60 Meter große Mann aus Minneapolis?

Prince Rogers Nelson, geboren am 7. Juni 1958, sieht sich seit jeher als einen Gezeichneten. Anfangs ist er das zweifellos, seine Kindheit ist bestimmt durch die Scheidung seiner Eltern, denn weder Mutter noch Vater wollen ihn bei sich haben und setzen ihn, als er 14 ist, vor die Tür. Alleingelassen und von Selbstzweifeln geplagt, flüchtet Prince sich in die Musik. Es ist der Beginn eines beispiellosen Aufstiegs. Bereits das erste, mit 19 veröffentlichte Album „For You“, gilt als Sensation. Prince singt, spielt und produziert darauf sämtliche Songs selbst. Der von ihm kreierte Sound klingt aufregend anders, rockig, soulig, irgendwie fiebrig. Ganz ähnlich gestaltet sich seine Performance: Prince hüllt sich in glitzernde Tüllkostüme, trägt Stöckelschuhe und entwickelt eine Leidenschaft für zweideutige Choreografien. Stücke wie „1999“ und „When Doves Cry“ klettern die Charts empor, spätestens mit der Ballade „Purple Rain“ gelingt Prince auch international der kommerzielle Durchbruch.

Unvergessen ist er von allen, die 1990 jung und am 12. Juni in der Waldbühne waren. An jenem Abend, als Ost- und Westdeutsche eng beieinanderstanden, vereint in Entzückung über den glanzvollen Auftritt eines kleinen Amerikaners. Am Montag wird er erneut auf dieser Bühne stehen, auf der er einen Höhepunkt seiner Laufbahn erlebte. „Luzifers Antwort auf Michael Jackson“ schrieb eine Kritikerin damals, es war als Lob gemeint. Eine dunkle Vorahnung womöglich, denn genauso sollte sich Prince fortan gebärden: Teuflisch und extravagant.

Anfang der Neunzigerjahre empfängt der Popstar Journalisten allenfalls nachts. Kollegen wie Madonna versetzt er wortlos, auf der Bühne simuliert er Oralsex und dichtet Texte, die so anzüglich sind, dass man seinetwegen die Kennzeichnung „jugendgefährdend“ für Musikprodukte einführt. Weil er sich vom Plattenkonzern Warner Brothers, bei dem er vertraglich nahezu alle Freiheiten genießt, gebeutelt fühlt, wirft er seinen Künstlernamen ab und ersetzt ihn durch ein unaussprechliches Symbol. Bei einem öffentlichen Auftritt ziert das Wort „Sklave“ seine Wange. Wenig später möchte er nur noch „TAFKAP“ genannt werden, „The Artist Formerly Known As Prince“. Langsam verlieren die Massen das Interesse an dem Eigenbrötler. Dass er als Filmproduzent mehrfach die „Goldene Himbeere“ für den schlechtesten Kinofilm einheimst, bekommt schon fast keiner mehr mit. Der Soundtrack zum Kinofilm „Batman“ verschafft ihm ein letztes Mal internationale Resonanz. Zahlreiche nachfolgende Platten bleiben unbeachtet.

Nur andere profitieren noch Jahre später von seinem Talent: Mit dem von Prince komponierten „Nothing Compares 2 U“ landete Sinéad O’Connor ihren einzigen Nummer-Eins-Hit. Tom Jones coverte „Kiss“und schaffte damit sein Comeback.

Prince selbst macht erst 2006 wieder von sich Reden. Er heißt wieder Prince, kleidet sich adretter, bekommt annehmbare Kritiken für die Single „3121“. Bloß die Impulse, die geben mittlerweile andere. Da ist kein Platz mehr für den kleinen Prinzen auf dem Pop- Olymp.

Wer mit ihm in Erinnerungen an sein untergegangenes Königreich schwelgen möchte, kann das problemlos tun: Rund 10 000 Karten sind noch zu haben.

Seite 33

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false