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Der Angeklagte (l.) sitzt in einem Gerichtssaal und hält sich eine Pappe vor das Gesicht.

© Paul Zinken/dpa

Prozess um den „Kannibalen von Pankow“: Das Opfer „freute sich auf das Sex-Date“ – erste Zeugen sagen aus

Im Kannibalismus-Prozess sagen Freunde des getöteten Monteurs aus: T. soll lebenslustig gewesen sein, sexuell aktiv. Der Angeklagte schweigt.

Als der Monteur in der Nacht zum 6. September 2020 seine Wohnung in Lichtenberg verließ, wartete ein Taxi auf ihn. „Er war in bester Laune, freute sich auf das Date“, sagte sein Mitbewohner am Dienstag vor dem Landgericht. „Danach habe ich nichts mehr von ihm gehört.“

Er habe Stefan T. noch viele Nachrichten geschrieben – „doch es kam nichts mehr“. Kurz sah der erste Zeuge in dem Mordprozess zum Mann auf der Anklagebank. Lehrer Stefan R. soll sich in jener Nacht mit Stefan T. verabredet haben. Der 41-jährige R. schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Was war Stefan T. für ein Mensch? Sein Mitbewohner sagte über den 43-Jährigen: „Er war ein sehr guter Mensch, mein bester Freund.“ Lebenslustig sei der Monteur im Hochleitungsbau gewesen. „Er hatte viele Freunde.“ T. habe gern gemalt, Figuren geschnitzt und sei meistens mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs gewesen.

Ein weiterer Zeuge schilderte: „Ein Junggeselle, der sein Leben genoss und Spaß hatte.“ Er sei sexuell aktiv gewesen, habe sich mit Frauen und manchmal mit Pärchen getroffen. Dass er sich auch mit Männern verabredete, hätten sie bis dahin nicht gewusst, so die Freunde des Opfers.

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Nach und nach haben Ermittler Indizien zusammengetragen – bis zum gruseligen Verdacht gegen den Lehrer. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Sexualmord aus niedrigen Beweggründen aus. Der Lehrer soll den Monteur umgebracht haben, um durch die Tötung sexuelle Befriedigung zu erlangen und Teile der Leiche zu essen. Eine Vermutung. R. soll sich laut Ermittlungen über Monate hinweg in sogenannten Kannibalismus-Foren bewegt und und sich dafür interessiert haben, „wie man Menschen schlachtet und dann verspeist“. Beweise dafür, dass R. diese mutmaßliche Fantasie auch ausgelebt hat, gibt es bislang nicht.

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich der Monteur töten lassen wollte. „Es sollte ein Sex-Date werden. Und er wollte da lebend wieder raus aus der Wohnung“, sagte der Staatsanwalt am Rande der Verhandlung. Die Freunde bestätigten nun, dass er „super drauf“ gewesen sei. Potenzsteigernde Mittel? „Ja, hat er genommen.“ Und hin und wieder Kokain sowie „Gras im Rahmen“.

Die Verteidigerinnen erkundigten sich nach dem Gesundheitszustand des Monteurs. „Nur ein bisschen Husten hatte er“, erklärte der 45-jährige Zeuge. Warum er bei der Polizei in einer Befragung zum Fall Stefan T. denn einen „Herzinfarkt beim Sex“ als Szenario für möglich gehalten habe, wollte eine Verteidigerin wissen. Wie es zu einer solchen Äußerung gekommen sein soll, könne er nicht erklären, sagte der Zeuge. „Er war gesund.“

Stefan T. soll gegen 2.07 Uhr in ein Taxi gestiegen sein. Der Fahrer konnte später wichtige Hinweise geben, die zur Wohnung des Lehrers führten. Der Kunde habe eine Adresse in Pankow genannt, berichtete der Taxifahrer nun vor Gericht. Nach sieben Minuten habe der Mann aber aussteigen wollen. Am S-Bahnhof Storkower Straße sei das gewesen. „Er sagte, dass er mit der Bahn weiterfahren wolle.“

Der Mann habe „ganz normal, nicht aufgeregt, nicht betrunken gewirkt“. Noch in derselben Nacht soll der Monteur ermordet worden sein. Wochenlang galt er als vermisst. Das Verbrechen kam ans Licht, nachdem im November Knochenteile an einem Waldstück entdeckt wurden. Am Donnerstag sollen Ermittler befragt werden.

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