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Einer der Angeklagten beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Berlin.

© dapd

Prozessauftakt: U-Bahn-Schläger schweigen vor Gericht

Der Prozess gegen die U-Bahn-Schläger vom Bahnhof Lichtenberg hat begonnen. Die Angeklagten sollen ihre Opfer als „Scheiß-Nazis“ beschimpft haben. Doch einer der Verteidiger sagt, Deutschenfeindlichkeit sei kein Motiv.

Sie standen hinter Panzerglas, als die Kameras auf sie gerichtet waren: Jefeth W. im weißen Hemd, Nazeh S. mit sorgsam gekämmten Haaren und Etrit C., der die Kapuze seiner Jacke über den Kopf gezogen hatte. Nur der vierte und mit erst 15 Jahren jüngste Angeklagte ist frei und saß bei seinem Verteidiger. Neun Monate nach dem Gewaltexzess auf dem U-Bahnhof Lichtenberg hat der Prozess gegen die mutmaßlichen Schläger begonnen. Sie hüllten sich am Donnerstag vor dem Landgericht zunächst in Schweigen. „Hass auf Deutsche“ und „Spaß an Gewalt gegen Schwächere“ soll sie getrieben haben. Jetzt geht es um zweifachen versuchten Mord. Noch saßen ihnen ihre mutmaßlichen Opfer nicht gegenüber: Marcel R. und Steffen O., Malergesellen von 30 Jahren, die auf dem Heimweg waren. R. wurde am 11. Februar ins Koma geprügelt. Vier Täter, gnadenlos ihr Angriff. Tritte gegen Kopf und Oberkörper, Verfolgung, Schläge und Tritte gegen den bereits Schwerverletzten. Er lag drei Monate im Krankenhaus. „Etwas Genesung ist eingetreten“, sagte sein Anwalt. Nächste Woche wird R. aussagen.

Seine mutmaßlichen Peiniger sind Migranten. Der 18-jährige Jefeth W. kam mit seiner Mutter im Jahre 2002 nach Deutschland. Nazeh S. ist noch 17 Jahre alt und gebürtiger Iraker. Der 18-jährige Etrit C. stammt aus dem Kosovo und lebt seit 1998 in Deutschland. Der 15-jährige Angeklagte ist Bosnier. Vier Schüler aus Lichtenberg, alle ohne Vorstrafe. Die schrecklichen Szenen des Überfalls standen am ersten Tag des Prozesses, der zum Schutz der jugendlichen Angeklagten nicht öffentlich ist, im Mittelpunkt. Auf Videos aus Überwachungskameras ist es festgehalten: Wie die Schläger R. zu Boden brachten, wie sie ihn immer wieder attackierten. Wie er am Ende an einem Pfeiler lehnte und mit einem wuchtigen Tritt zu Boden gebracht wurde, wie sie ihm Börse und Handy stahlen. Dann verfolgten die Täter seinen Kollegen. Vor dem Angriff sollen sie die Opfer als „Scheiß-Nazis“ beschimpft und gegrölt haben, „wir hassen Deutsche“.

Die Anklage nennt zwei Mordmerkmale: Habgier und niedrige Beweggründe. Einen Tötungsvorsatz haben die Schüler stets bestritten. Deutschenfeindlichkeit sei auch nicht nachvollziehbar, sagte ein Verteidiger. Sein Mandant, der Kosovare, habe keine Probleme mit Deutschen. Der Prozess geht am kommenden Donnerstag weiter.
Die gewalttätigen Übergriffe auf Bahnhöfen nehmen kein Ende: Am Mittwoch wollte ein 35-jähriger Polizist im U-Bahnhof Friedrichstraße einer Frau helfen, die von einem Mann attackiert worden war – der Beamte wurde dabei selbst zum Opfer.

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