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Pro&Contra: Rechnung für das Haus der Zukunft

Bei der klimafreundlichen Sanierung müssen auch Mieter ihren Beitrag leisten. Ein Pro & Contra.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Klimaschutz geht uns alle an. Heutzutage will niemand mehr ein Umweltferkel sein, andererseits sollen energiesparende Maßnahmen den Geldbeutel nicht über Gebühr belasten. So ergab die Umfrage eines Internet-Immobilienportals, dass 50 Prozent der Wohnungssuchenden eine Erhöhung der Kaltmiete wegen CO2-sparender Sanierungen generell ablehnen und weitere 20 Prozent dies nur akzeptieren, wenn die Mieterhöhung durch Einsparungen bei Strom, Warmwasser und Gas ausgeglichen werden.

Kein Wunder also, dass der Entwurf der Senatsumweltverwaltung für ein Klimaschutzgesetz im Sommer vergangenen Jahres helle Aufregung verursachte, weil er teure Investitionen für Hauseigentümer und Gewerbetreibende vorschrieb – von der Auswechslung alter Heizungsanlagen über die verpflichtende Nutzung erneuerbarer Energien bis zur umfangreichen Wärmedämmung und dem Anschlusszwang ans Fernwärmenetz. Eigenheimbesitzer sprachen vom „sozialpolitischen Albtraum“, in die Ablehnungsfront reihten sich Mieter-, Vermieter-, Unternehmensverbände und IHK ein. Denn die Kosten belasten nicht nur Unternehmer, sondern auch Grundeigentümer, die sie an die Mieter weitergeben. Elf Prozent der Modernisierungsausgaben dürfen auf die Jahreskaltmiete aufgeschlagen werden.

Allerdings gibt es weder in Berlin noch bundesweit verlässliche Schätzungen, wie sich energetische Modernisierungen in Neu- und Altbauten oder in Gewerbegebäuden auf Rendite und Miete auswirken. Zum Beispiel rechnete der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) aus, dass die Kaltmieten in einem typischen Berliner Mietshaus um 2,07 Euro pro Quadratmeter steigen, wenn Solaranlagen eingebaut würden. Die Einsparung bei den Nebenkosten läge nur bei 37 Cent, die Warmmiete würde sich um 1,70 Euro erhöhen. Bei einer 60-Quadratmeter-Wohnung wären das 102 Euro monatlich. Bei einer kompletten Wärmedämmung stiegen die Mieten laut BBU sogar um 50 Prozent.

Eine falsche Rechnung, sagte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Durch die Nutzung erneuerbarer Energien steige die Kaltmiete in einer typischen Mietwohnung nur um 76,4 Cent pro Quadratmeter. Dem stünden, bei steigenden Energiepreisen, langfristig eingesparte Nebenkosten von 74 Cent pro Quadratmeter gegenüber. Die Mehrbelastung liege also nur bei 2,4 Cent.

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) macht eine noch optimistischere Rechnung auf. Sie vergleicht eine unsanierte mit einer energetisch sanierten 80-Quadratmeter-Wohnung. Schon nach fünf Jahren, so die Modellrechnung, ist die Warmmiete in der modernisierten Wohnung günstiger, weil die Kosten für Warmwasser und Heizung extrem sinken. Zwar liege die Kaltmiete nach fünf Jahren in der klimafreundlichen Wohnung um 1,88 Euro höher als in der unsanierten Wohnung. Aber die Nebenkosten sinken um 1,90 Euro. Auch die Gasag empfahl ihren Kunden diese Studie wärmstens. Energetische Sanierung lohne sich, zumal die KfW-Förderbank mit äußerst günstigen Krediten helfe. Auch die landeseigene Investitionsbank Berlin dient sich als „Partner bei der energetischen Gebäudesanierung“ an. Andererseits schockte kürzlich ausgerechnet die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge ihre Mieter mit der Ankündigung, die Mieten wegen einer Luxus-Energiesanierung zu verdoppeln.

Das Abgeordnetenhaus wird, sobald Senatorin Katrin Lompscher (Linke) im Februar einen neuen Klimaschutzgesetzentwurf vorgelegt hat, Experten anhören, um die Folgen eines solchen Gesetzes transparenter zu machen. Das neue Landesgesetz, so verspricht Rot-Rot, solle wirtschaftlich und sozial verträglich sein. Klar ist nur, dass die Kosten der klimaverträglichen Gebäudesanierung großenteils privat finanziert werden müssen – gepaart mit öffentlichen Fördermitteln, aber so wenig wie möglich aus dem Not leidenden Landeshaushalt.

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