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Berlin: RednErInnen

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Die politische Bühne ist nichts für Dünnhäutige, denn in der Politik geht es bekanntlich ziemlich ruppig zu. Nur ihre Klientel umwerben alle Politiker ausgesucht höflich. Längst kennen sie nur noch Bürgerinnen und Bürger, Berlinerinnen und Berliner und so fort. Du liebe Güte, sie reden sich den Mund fusselig. Wie gut, dass es Abgeordnete, Bezirksverordnete und Parteitagsdelegierte gibt, für die sich die doppelte Anrede aus sprachlichen Gründen erübrigt.

Die geschlechtsspezifische Ansprache erfordert viel Zeit und Papier. Folglich wird tüchtig abgekürzt. Die Grünen haben dafür einst das große I erfunden, andere machen es ihnen unbekümmert nach. Scheußlich, was dabei herauskommt: PolizistInnen, ProfessorInnen. Nach dieser Lesart gibt es Polizisten oder Professoren nur in der Einzahl. Bei jedEr und jedEm kommen zwar die Frauen zu kurz, doch meist wird den Männern das Recht auf Deklination verweigert. In einem Antrag der Grünen im Abgeordnetenhaus war von der „Unterscheidung zwischen StudienrätInnen und anderen LehrerInnen“ die Rede. So werden aus Studienräten amputierte „Studienrät“ und aus anderen Lehrern werden „anderen Lehrer“, das reinste Kauderwelsch.

Doch oft, wenn Politiker über Menschen reden, hört sich das bürokratisch kalt an. Der Wirtschaftssenator sprach vom „Personalbesatz“ im Öffentlichen Dienst. Aus der Bildungsverwaltung kam die „Doppelsteckung“ in der Schuleingangsphase. Übersetzt: je ein Lehrer und ein Erzieher in den Klassen der Jüngsten. Auch haben wir es ständig mit Hartz- IV-Fällen“ und „Personen im Hartz- IV-Bezug“ zu tun. In einem Antrag der CDU hieß es: „Die Bestückung und Weitervermittlung von Verwaltungsmitarbeitern aus dem sog. Stellenpool in weitergehende Beschäftigung oder aus einem KW-Vermerk in den Stellenpool läuft nicht zufriedenstellend.“ KW heißt: Die Stelle kann wegfallen. Doch wer oder was wird hier mit Menschen bestückt?

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