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Teilprivatisierung: Rot-Rot will Wasserverträge offenlegen

Die privaten Gesellschafter RWE und Veolia sind gegen eine Offenlegung der Verträge und müssten notfalls vor Gericht ziehen. Der Senat hatte ihnen vor zehn Jahren strikte Vertraulichkeit zugesichert.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die strittige Frage, ob die Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) offengelegt werden müssen, geht vielleicht vor Gericht. Denn die Koalition aus SPD und Linken tendiert dazu, die Veröffentlichung der Privatisierungsverträge wenigstens teilweise zu erzwingen. Obwohl der Senat den Konzernen RWE und Veolia strikte Vertraulichkeit zugesichert hatte, als sie vor zehn Jahren 49,9 Prozent der Anteile kauften.

Koalitionsintern wird jetzt diskutiert, den Investoren für die Veröffentlichung der Verträge schriftlich eine Frist zu setzen. Dem können sie zustimmen oder dagegen klagen. Voraussichtlich werden die privaten Teilhaber an den Wasserbetrieben dann vor Gericht ziehen. Das Energieunternehmen RWE lehnt eine Veröffentlichung des Vertragswerks jedenfalls strikt ab, wie der Sprecher von RWE Aqua, Klaus-Peter Kreß, dem Tagesspiegel sagte. Er begründete dies mit Daten, die vertraulich bleiben müssten. „Wir haben 3000 Verträge mit Kommunen, da sind viele Details interessant für die Konkurrenz.“ Die Veolia Wasser GmbH sieht das ähnlich, auch wenn sich das Management nicht offiziell äußert.

Ergänzend wird bei SPD und Linken über ein Landesgesetz nachgedacht, das jene Unternehmen, die im Kernbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge tätig sind, generell zur Offenlegung wichtiger Verträge verpflichtet. Bei künftigen Verträgen, sagte SPD-Fraktionssprecher Thorsten Metter, sollten Geheimhaltungsklauseln möglichst ausgeschlossen werden. Der Teufel steckt dabei im juristischen Detail, wie der Linken-Landeschef Klaus Lederer bestätigte. Es gibt in Deutschland keine abschließende Rechtsprechung zum Thema. „Aber wir wollen mehr Informationsrechte.“ Unklar ist noch, wie mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen umzugehen ist, die den betroffenen Unternehmen Wettbewerbsnachteile bringen und zu Schadensersatzansprüchen führen könnten.

Seit Jahren sind die Verträge zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe, die bis Ende 2028 gültig sind, umstritten. Die Kritik richtet sich vor allem gegen Renditegarantien, die den Gesellschaftern hohe Gewinne sichern und in die Kalkulation der Wasserpreise eingehen. 1999 zahlten die Investoren für ihre Anteile 1,69 Milliarden Euro. Seitdem flossen 692 Millionen Euro Gewinne an die Konzerne zurück. Die Landeskasse bekam mit weiteren 563 Millionen Euro ein Stück vom Kuchen ab. Die Wassertarife erhöhten sich seit 2004 (vorher galt ein mehrjähriger Preisstopp) um 30 Prozent.

Die Initiative „Berliner Wassertisch“ reichte 2008 fast 40 000 Unterschriften für ein Volksbegehren ein, das die Offenlegung aller Verträge zwischen dem Senat und öffentlichen sowie privaten Unternehmen fordert. Die Träger des Volksbegehrens sind kompromissbereit. „Wir könnten uns beschränken auf Verträge im Rahmen der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe“, sagte Thomas Rudek vom „Berliner Wassertisch“ am Dienstag. Bis Ende Februar muss das Abgeordnetenhaus entscheiden, ob es sich dem anschließt. Ansonsten geht die Volksabstimmung in die zweite Runde. Einem Volksbegehren müssten etwa 170 000 wahlberechtigte Berliner zustimmen.

Nicht nur Rot-Rot, sondern auch die Oppositionsfraktionen CDU, Grüne und FDP sind grundsätzlich für mehr Transparenz bei allen Vereinbarungen, die der Staat im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge mit Unternehmen abschließt. RWE, Veolia, aber auch der Senat verweisen derzeit nur auf die Möglichkeit, dass Berliner Abgeordnete im Geheimschutzraum des Parlaments in die Verträge einsehen können. Sie dürfen ihr Wissen aber nicht weitergeben.

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