Berlin: Roter Vorhang für Harald Juhnke
Schwieriger Versuch einer Ehrung: Entertainer soll ein neues Denkmal erhalten
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Wenn alles klappt, das Geld zusammenkommt, die Steinmetze gut und schnell arbeiten und im Sommer das neue Denkmal fertig ist, dann ist die Welt für Joachim Brunken wieder in Ordnung. Jetzt sitzt er im Treffpunkt für Alkohol- und Suchtkranke an der Koloniestraße in Wedding, neben dem Modell für das Denkmal, das an Harald Juhnke erinnern soll, und lächelt noch etwas zaghaft in die Kameras. Denn das, was da neben ihm steht, ist der zweite Versuch. Das erste Denkmal, das möglichst bald durch den neuen Entwurf ersetzt werden soll, „sah doch aus wie’n Grabstein“, sagt Brunken: „Am liebsten wäre ich bei der Enthüllung im Boden versunken.“ Mit dem neuen Denkmal soll alles besser werden.
Der Entwurf ist aus rotem und weißgrauem Granit, soll eine Showtreppe darstellen und einen geschlossenen Theatervorhang und ungefähr in der Mitte ein Porträt Juhnkes tragen, das in eine Edelstahlplatte graviert ist. Das gleiche Porträt hat Brunken kurz nach der Enthüllung des bisherigen Denkmals auf den Stein geklebt, weil ihn das Gesicht, das die Künstlerin in den Stein gehauen hat, an alle möglichen Personen erinnerte, nur nicht an Harald Juhnke. „Außerdem habe ich den Stein grau gestrichen“, erzählt er, „damit er nicht so schwarz aussieht. Und den Schriftzug habe ich auch übergespachtelt.“ Das so umgestaltete Denkmal führte zum Bruch mit der Künstlerin Eike Stielow.
Den Gedenkstein will Brunken aber nicht entsorgen lassen, sondern in seinem Kieztreff aufstellen, in der Ecke, umrahmt von vielen großformatigen Fotos von Harald Juhnke, der am 1. April vor zwei Jahren starb.
Das Porträt von Juhnke, das Brunken, der ehemalige Theatermaler, selbst entworfen hat, ist geprägt von seinem Schwarz-Weiß-Kontrast. „Das gefällt mir gerade gut“, sagt er, „denn es erinnert an die zwei Seiten im Leben von Harald, die schönen, und die weniger schönen.“ Damit erklärt er, der mit Juhnke im gleichen Haus in der Stockholmer Straße in Wedding gewohnt hat und dessen Eltern sich mit Juhnkes zum Schach trafen, warum er sich für das Denkmal so engagiert. „Den Theatermenschen Juhnke habe ich ja gar nicht gekannt“, sagt er, „sondern nur den Menschen.“
Der Mensch Juhnke habe ihm, während er selbst dem Alkohol verfiel und sich als Obdachloser ein paar Mark als Kreidemaler auf dem Bürgersteig des Kurfürstendamms verdiente, stets Geld zugesteckt. „Da war auch mal ein Hunderter dabei“, erzählt Brunken, „Harald hat dann gesagt: Damit gehst du ins Hotel, wäscht dich und schläfst ordentlich aus.“ Während er das sagt, füllen sich seine Augen mit Tränen: „Das werde ich ihm nie vergessen.“ Als Juhnke selbst nicht vom Alkohol loskam, habe das niemand so gut nachempfinden können wie er.
Unterstützt wird Brunken durch die Steinmetz- und Bildhauerinnung, deren Lehrlinge das etwa zwei mal zwei Meter siebzig große Denkmal errichten und gestalten sollen. Binnen drei Wochen könnte es stehen. Die Rückendeckung des Bezirksbürgermeisters ist der Innung und Brunken sicher. Was noch fehlt, ist das nötige Geld. Im Gegensatz zum bisherigen Gedenkstein, den Brunken von der Künstlerin geschenkt bekam, muss jetzt alles selbst bezahlt werden. Geschätzt 75 000 Euro wird das kosten. Im Kieztreff steht eine gläserne Sammelbox. 20 Euro liegen darin. Der Rest soll durch Spenden zusammenkommen.
Kontonummer 57 57 57 00 00 bei der Berliner Volksbank – BLZ 100 900 00. Verwendungszweck: Harald-Juhnke-Denkmal.
Matthis Oloew
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