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Berlin: Rückkehr der Urzeitkrebse

Die Kinderzeitschrift „Yps“ wird wieder aufgelegt. Zielgruppe sind vor allem Erwachsene

Ganz egal, wie liebevoll die Comics im Heftinneren auch gezeichnet waren: An „Yps“ interessierte vor allem die „Gimmick“-Beilage. Mal gab es ein Furzkissen, mal das Blasrohr zum Um-die-Ecke- Schießen. Und immer wieder die Urzeitkrebse, die erst aus ihren Eiern schlüpften und irgendwann von den Eltern das Klo heruntergespült wurden. Jetzt droht einer neuen Generation von Urzeitkrebsen der unwürdige Tod: „Yps“ kommt zurück.

Fünf Jahre ist es her, dass der Berliner Egmont-Ehapa-Verlag mit Gimmick 1253 – dem leuchtenden „Sound-Ufo“ – die bisher letzte „Yps“-Ausgabe auf den Markt brachte. Erst ein Jahr zuvor hatte Ehapa das Heft von Gruner + Jahr übernommen, wo es seit 1975 mit einer Auflagenstärke von bis zu 400 000 Stück erschienen war. Die letzten Ausgaben bei Ehapa verkauften sich gerade noch 85000 Mal – weil sich die jungen Leute inzwischen eher für Computerspiele und Pokémon interessierten, wie es damals bei dem Verlag hieß.

Mit der Neuauflage fahren die „Yps“-Macher nun eine Doppelstrategie: Als „primäre Zielgruppe“ seien die 23- bis 32-Jährigen anvisiert, sagt Poduktmanager Thomas Puchert: „Eben diejenigen, für die ,Yps’ zur eigenen Kindheit gehört wie Hubba Hubba und Esspapier.“ Gleichzeitig hoffe man aber, dass nun viele Jüngere von ihren Eltern an das Heft „herangeführt“ würden. Das Konzept könnte aufgehen: Seit Wochen tauschen sich alte „Yps“-Leser in Internet-Foren über ihre Lieblings-Gimmicks aus, fiebern dem neuen Heft entgegen und tragen allerhand Gerüchte zusammen: 36 Seiten soll das Heft dick sein, wieder im alten Großformat. Und ja, auch wieder in durchsichtige Plastikfolie eingeschweißt. Manche fragen sich, ob es nicht peinlich sei, als Erwachsener am Kiosk eine Kinderzeitschrift zu kaufen. Einer schlägt vor, Ehapa solle doch bitte zur Tarnung Erwachsenen-Themen auf dem Cover abdrucken – „vielleicht Motorsport oder Erotik oder so “.

„,Yps’-Wahnsinnige“ nennt Produktmanager Thomas Puchert diese Menschen scherzhaft, sie seien mit ein Grund dafür, dass der Verlag nun die Neuauflage wage. Als Hauptgrund nennt Puchert jedoch „diese allgemeine Retro-Welle“, die in den vergangenen Jahren bereits den „Drei Fragezeichen“ und Enid Blytons „Fünf Freunden“ ein erfolgreiches Comeback beschert habe. Bei der Wiederauflage geht Ehapa nur ein begrenztes Risiko ein: Zunächst erscheint am 18. August eine Testausgabe mit einer Auflage von 150 000 Stück an den Kiosken. Nur wenn sich das Heft gut verkauft, soll „Yps“ bald wieder regelmäßig erscheinen. Auch ein Scheitern des Projekts will Puchert nicht ausschließen, zumal inzwischen praktisch alle deutschen Kinderzeitschriften mit eigenen Beilagen werben.

Das Gimmick der neuen „Yps“-Ausgabe ist übrigens die „Geld-Maschine“, mit der sich aus weißem Papier echte Euro-Scheine zaubern lassen. Ein Klassiker, den es erstmals im November 1975 als Beilage gab. Früher oder später würden auch die legendären Urzeitkrebse wiederkehren, verspricht Sascha Paulick, Gimmick-Erfinder im Hause Ehapa. Die Krebse seien schließlich ein Markenzeichen von „Yps“.

Andere alte Gimmicks können dagegen nicht wieder aufgelegt werden: zum Beispiel der „Solar-Zeppelin“, ein mit Luft gefüllter schwarzer Müllsack, der sich durch Sonneneinstrahlung erwärmt und davonschwebt. Die dünne Folie, die leicht variiert auch als „Solar-Ufo“, „Regenmantel“ und „Abenteuerzelt“ daher kam, darf heute laut europäischer Spielzeugnorm EN 71 nicht mehr verwendet werden. Kinder könnten sich die Folie über den Kopf ziehen und daran ersticken, heißt es. Weitere alte Gimmicks hält Paulick deshalb für undenkbar, weil sie „zu kompliziert und erklärungsbedürftig“ seien. Mit Bastelsets aus mehreren Dutzend Teilen begeistere man heute keinen Leser mehr, die „Zusammenkleb-Ära“ sei unwiderruflich vorbei. Das Zauberwort der Gegenwart heiße „Instant fun“: Tüte aufreißen und losspielen.

Und noch etwas soll sich ändern. In der Vergangenheit habe „das ein oder andere Gimmick möglicherweise“ nicht lange gehalten oder gleich gar nicht funktioniert, erinnert sich der 34-jährige Paulick an seine eigene Zeit als „Yps“-Konsument: „Die Marionette ist nicht gelaufen, das Ufo nicht geflogen, der Ostereierbaum nicht gewachsen.“ Auch wenn genau das zum Charme von „Yps“ beigetragen habe, wolle man in Zukunft deutlich haltbarere Gimmicks entwickeln. Viel zu gut funktioniert hat in den 80er Jahren übrigens der schwarze „Solar-Zeppelin“ – er löste in mehreren deutschen Städten Ufo-Alarm aus.

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