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Berlin: Ruß-Brothers

Die Firma Sage Cars vermietet ungewöhnliche und nicht gerade klimafreundliche Autos. Die geplante Umweltzone lässt sie cool

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Ein Auto reicht mitunter, und schon sieht Berlin aus wie New York – der kastige US-Polizeiwagen, schwarz-weiß mit der blauroten Sirene auf dem Dach, etwa kann so eine Stimmung locker in die Stadt bringen. Er spielt auch eine entscheidende Rolle im nächsten Musikvideo der Teenie-Band Tokio Hotel. Der Clip zu „Spring nicht“ ist gerade abgedreht, mitten in der Hauptstadt, mit Autos aus dem Fuhrpark von Sage Cars.

Die Berliner Autovermietung gibt es seit 1999. Sie ist auf Ausgefallenes spezialisiert, vom VW-Bulli mit Hippie-Feeling in Orange bis zum eleganten cremefarbenen Mercedes aus den 50er Jahren. Und was nicht auf dem Hof steht, kann organisiert werden. 25 Autos gehören der Autovermietung, gut das Vierfache steht ad hoc zur Verfügung. „Unsere Kunden sind vor allem Filmproduktionsfirmen und Geschäftsleute“, sagt der Inhaber Martin Dahms. „Und natürlich Hochzeitspaare.“ Auch einen Shuttle-Service für die Musikmesse Popkomm hat die Firma schon organisiert, erzählt Roman Pusch. Der 39-Jährige sorgt dafür, dass die schicken Karren in Filmen oder Werbespots zu sehen sind.

Neben dem amerikanischen Streifenwagen steht in der Hofeinfahrt des Unternehmens auch ein Ford Mustang, Baujahr 1967. Die Regentropfen glänzen auf seinem ölschwarzen Lack – Oldies in einer Baulücke in der Brunnenstraße, hinter einem drei Meter hohen Drahtzaun. Während der WM trafen sich hier Fußballfans zum Public Viewing. Vor ein paar Monaten ist Sage Cars mit einem Teil des Fuhrparks hierher, fast in den Wedding, gezogen. Der Rest parkt entweder noch im Hauptquartier, dem Sage Club in der Brückenstraße, oder in Tiefgaragen in der ganzen Stadt. „Die Luft ist hier oben sauberer“, erklärt Inhaber Martin Dahms. „Früher waren die Autos nach einem Tag schon wieder schwarz“ – vom Ruß des Heizkraftwerks Mitte, nebenan. Ständig voluminöse Oldtimer oder neun Meter lange Limousinen in die Waschanlage zu manövrieren, war ihm zu lästig.

Die geplante Umweltzone in Berlin könnte ihnen also nur recht sein. Doch hinter der Windschutzscheibe des schwarzen Mustang wellt sich ein Flyer: ein Oldtimer im roten Kreis eines Verbotsschildes, www.fahrverbot-kulturgut-berlin.de steht darunter. Eine Berliner Initiative, die gegen Innenstadtfahrverbote in Berlin mobil macht. Der Zettel hängt da aus Solidarität, aber Hysterie ist nicht Martin Dahms Ding. „Bis da etwas endgültig entschieden ist, das kann dauern“, winkt er ab. „Und wer weiß, was sich noch alles ändert.“ Von Sonderregelungen ganz zu schweigen.

Martin Dahms ist 35, gelernter Kfz-Mechaniker, und hat den legendären Berliner Sage Club mit gegründet. Im November feiert die Kreuzberger Disko ihr zehnjähriges Bestehen. Doch aus dem Club ist mittlerweile eine Unternehmensgruppe geworden – Eventorganisation, Cateringfirma und Promotionabteilung gehören dazu. Und damit jede Menge Gelegenheiten, bei denen dringend Luxuskarossen gebraucht werden. Ende der 1990er Jahre habe es in Berlin nur Autovermietungen gegeben, die nicht zum Geschäft des jungen Nachtlebens passten, meint Martin Dahms. Also hat er es selbst in die Hand genommen. Heute arbeiten rund 15 Personen für Sage Cars, Roman Pusch ist seit fünf Jahren dabei. Er verdiente sein Geld davor als Markenrechtler, aber die Lust an Jura war ihm irgendwann vergangen.

Im schmalen Schuppen hinten auf dem Hof ist das Büro, ein Porsche-Kalender hängt an der Wand. Hier brüten Dahms und Pusch über neuen Strategien, machen Dienstpläne für die Chauffeure oder überlegen, welche Autos für Kinofilme wie „Elementarteilchen“ oder US-Produktionen passen und welche für TV-Serien wie „Arme Millionäre“.

Bald beginnt die Saison der Vergnügungsfahrten. Den Cadillac gibt’s für 120 Euro die Stunde, manche Oldtimer und Cabrios auch schon für 100 Euro, mit Chauffeur. Der Polizeiwagen ist bei schönem Wetter oft im Einsatz. Vor allem Blues-Brothers-Fans drehen dann ein paar Runden durch die Stadt – und können sich fühlen, als wären sie in Amerika.

Mehr Infos: www.sagecars.de, Brunnenstraße 12, Mitte.

Anne Haeming

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