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Suhrkamp: Schreibwerkstatt Berlin: Was Verlage lockt

Es gibt viele gute Gründe, nach Berlin zu ziehen – unter anderem den, dass man, wie die Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz sagt, in ein riesiges Labor kommt.

Nur ob man als international ausgerichteter Publikumsverlag, der auch eine wissenschaftliche Gemeinde bedient, tatsächlich einen intellektuellen Standortvorteil genießt, bleibt fraglich.

So wenig Hanser nur in München existieren kann, gibt es eine Notwendigkeit, dass Suhrkamp sein geistiges Profil nur in Berlin schärfen kann. Selbst der Verlag, der Berlin im Titel führt, der 1994 gegründete Berlin Verlag, müsste nicht in der Greifswalder Straße angesiedelt sein. Denn Romane und Sachbücher werden nur zum geringsten Teil vor Ort geschrieben. Sie werden in London, Paris und New York eingekauft, bei Clausen & Bosse in Leck oder C.H. Beck in Nördlingen gedruckt. Kurz: Der Standort eines großen Verlages ist nicht entscheidend – im Zeitalter einer medialen Rundumvernetzung sogar immer weniger. Insofern spielt die Rückkehr der zum Bonnier-Konzern gehörenden Ullstein Buchverlage nach Berlin für die Programmarbeit keine zentrale Rolle. Nach dem Verkauf durch Axel Springer wanderte Ullstein erst nach München zu Random House – bis das Kartellamt Bertelsmann in die Parade fuhr.

Anders verhält es sich mit den Kleinverlagen. Matthes & Seitz, 1977 in München gegründet, wurde von Andreas Rötzer 2004 in der Hauptstadt neu belebt. Sein literarisch-philosophisches Programm lebt nicht vom Geist der Stadt, aber es atmet darin spürbar auf. Das gilt auch für den 2001 gegründeten, ähnlich ausgerichteten Diaphanes Verlag.

Falls Berlin davon träumt, Frankfurt nach dem Suhrkamp Verlag nun auch die Buchmesse abspenstig zu machen, wird das nicht nur der Börsenverein verhindern. Das tut Berlin mit seinen schlechten internationalen Direktflugverbindungen bis auf Weiteres ganz allein. dotz

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