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Schule: Der Aufsteiger

VW hat dem Polo zu seinem 30. Geburtstag ein üppiges Facelift geschenkt. Niedlich will er jetzt nicht mehr sein

Der Polo hat sich über die Jahre erfolgreich gemausert. Schaut man sich das erste Modell an, das 1975 auf den Markt kam, gerät man angesichts der schüsseligen Karosserie nicht gerade ins Schwärmen. Aber trotz bescheidener Startoptik entwickelte sich der kleine, von einem 29 kW (40 PS) starken Vierzylindermotor angetriebene Allrounder, dem 1981 die zweite, 1994 die dritte und 2001 schließlich die vierte Generation folgte, schnell zum deutschen Marktführer in seinem Segment. Seit der Einführung verkaufte sich der praktische Kleinwagen mit der ganz uneitlen Ausstrahlung insgesamt 8,7 Millionen Mal weltweit.

Nun feiert der Polo mit der jüngsten Überarbeitung sein dreißigjähriges Jubiläum. Der Polo ist erwachsen geworden, heißt es in der Automobilsprache von VW. Nicht mit achtzehn wie üblich, sondern eben erst mit dreißig Jahren. Damit liegt man bei VW sozusagen ganz im Trend der Zeit, die sich heute mit dem Erwachsenwerden auch lieber etwas mehr Zeit lässt. Konkret zeigt sich die Volljährigkeit in einer gesteigerten Motorleistung, einem besseren Ausstattungsniveau und einem, wie man es bei VW nennt, „ernsthafteren“ Design. Der Polo soll mit dem Facelifting der vierten Generation, die jetzt ihre europäische Markteinführung hat, endgültig seine Kleinwagenidentität ablegen.

Freilich schwingt im Namen immer noch die Zugehörigkeit zu niedlich süßen „O-Cars“ wie Cinquecento, Sensento oder Twingo mit. Und nicht jedem fällt sofort die gehobene Eleganz und Sportlichkeit eines Polo-Turnier ein, wie es sich die VW-Designer vielleicht gewünscht haben. Schnittigkeit ist dem neuen Design, bei dem es in der Tat vor allem um die Umsetzung von mehr Sportlichkeit und Dynamik ging, aber nicht abzusprechen. Das so genannte V-Thema gibt dem Polo das anvisierte „markantere“ Auftreten. Es zeigt sich in einem v-förmigen Kühlergrill und wird auch in den Heckfenstern aufgenommen. Durch die Verlagerung der Frontleuchten in die Seitenpartie wirkt der Wagen rasanter. Die Heckleuchten wurden mit Chromringen aufgepeppt, die nichts von Kulleroptik haben, sondern ebenfalls das neue Selbstbewusstsein unterstreichen.

Im Hause VW geht die Polo-Aufwertung mit einer strategischen Verlagerung der Zielgruppen einher. Was für viele einmal der VW-Käfer war, dann der Golf und schließlich der Polo wurde, das übernehmen heute Fox und Lupo – die Rolle als Einsteiger- und Zweitwagenmodell. Interne Familienstreitigkeiten werden bei VW nicht erwartet, auch wenn zum Beispiel der Polo mit Größe und Leistung inzwischen seinen einstigen großen Bruder, den Golf 1 überholt hat. Dass der Polo nun in einer Klasse höher mitspielt, soll neben der veränderten Formensprache vor allem auch das gesteigerte Ausstattungsniveau sichtbar machen.

Insgesamt stehen drei Ausstattungsstufen zur Auswahl: „Trendline“ für das Basismodell, „Sportline“ sowie die „Comfortline“. Ausstattungsdetails wie Navigationssystem, Klimaanlage, Bremsassistent, Parkpilot, Reifenkontrollanzeige und „Coming home“-Funktion, die dem Fahrer eine sichere Beleuchtung bis zur Wohnungstür verspricht, können je nach Ausstattungsniveau auch gesondert geordert werden. Zudem ist die Farbpalette erweitert worden. Gut bekommen dem neuen Polo konservative Farben wie Shadowblau, Winter-Red, Blue-Anthrazit oder Fairwaygreen. Jede dynamische Anmutung verfehlt dagegen das Tossablau mit seinem hohen Weißanteil. Es erinnert an frühere Farbpräferenzen des Polo wie das verspottete „Müllcontainer-Grün in Auswaschoptik“.

In der Innenausstattung präsentiert sich der Polo gleichzeitig sportlich und klassisch modern. Geglückt sind die kleinen Vier-Speichen-Lenkräder, die es in der Comfortline auch als griffiges Lederlenkrad mit Drei-Speichen-Design gibt. Die Optik des Cockpits wirkt insgesamt angenehm zurückhaltend und harmonisch. Schlicht eingefügt sind die Bedienelemente, die auch ohne lange Einübung verständlich sind. Zudem gibt es kleine neue Extras wie etwa eine Leiste mit Schlitzen für Parkkarten oder ein nützliches Extrafach unter den Frontsitzen. Bei den Bezügen hat man sich für den Streifen-Trend entschieden. Besonders schön sind hier die gerippten Stoffe der Comfort- und Sportline in Blau-Anthrazit, Rot-Anthrazit oder Cream.

Auch nach der Aufwertung bleibt der Polo ein Auto, mit dem man nicht lange fremdelt. Trotz vergrößerter Karosserie ist er gerade in der Stadt ein Wagen, mit dem man bequem und unauffällig durchkommt. Je nach individuellem Wunsch kann der Polo unterschiedliche „Motoren-Antworten“ geben, die das Auto nach wie vor für viele Käufer interessant machen. Das Sicherheitsgefühl, das durch ein Antiblockiersystem und bei Motorisierungen ab 74 kW (100 PS) serienmäßig noch durch ein Elektronisches Stabilisierungsprogramm (ESP) unterstützt wird, darf ohne jede Einschränkung tadellos genannt werden.

Die Sicherheit der Insassen verstärken überdies neben Front- und Seiten-Airbags auch Kopfstützen im vorderen wie im hinteren Bereich, die optional auch mit Kopfairbags zu haben sind. Ob man aber tatsächlich zu fünft – selbst in der Standardausführung gibt es bei den hinteren Sitzen neben den Kopfstützen auch drei Sicherheitsgurte – zum Familienurlaub an die Ostsee aufbrechen möchte, sei dahingestellt. Genügend Platz für drei Koffer und allen möglichen Kleinkram bietet der Kofferraum auf jeden Fall.

Wie üblich bei den neuen Automobilgenerationen schaut man auch beim neuen Polo durch eine großzügige Frontscheibe. Die aus dem Inneren kaum wahrnehmbare Frontpartie, vermittelt ein Gefühl von Rasanz und direktem Straßenkontakt, verhindert aber ein gemächliches Cruisen, bei dem der Wagen sozusagen in Richtung seiner Motorhaube über die Straßen gleitet. Der Polo ist eben kein großvolumiger Cruiser, sondern der dynamisch wendige Freund im Straßenverkehr. Mit dem neuen Qualitätsniveau hat VW einen praktischen wie zuverlässigen Wagen gebaut, angemessen und würdig für einen dreißigsten Geburtstag.

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