
© dpa/Peter Kneffel
Aus Schweden nach Berlin verschleppt: Gericht verhängt vier Jahre Haft für Beihilfe zu brutaler Erpressung
Nach der Entführung eines Schweden ist ein 25-Jähriger wegen Beihilfe zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Die brutale Tat begann nach einer zufälligen Begegnung, das Martyrium ging in einer Gartenlaube in Berlin weiter.
Stand:
Frederik M. wurde im schwedischen Örebro von einer brutalen Bande überwältigt, schwer misshandelt, nach Berlin verschleppt, bedroht und erpresst. Er war ein Zufallsopfer. „Ein ganz normales Mittelstandsleben wird auf einmal kaputtgemacht“, sagte der Vorsitzende Richter Gregor Hain am Freitag. „Das Opfer ist absolut traumatisiert.“ Gegen den 25-jährigen Angeklagten, der erst in Berlin zu den Haupttätern gestoßen war, ergingen vier Jahre Haft. So hatten es auch Staatsanwalt und Verteidiger beantragt.
Maksim R. habe sich der Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub sowie der räuberischen Erpressung schuldig gemacht, urteilte das Landgericht. Er sei eine „Randfigur“ gewesen, ein Gehilfe – „das Wesentliche war von anderen veranlasst worden“. R. habe aber um die Situation des Opfers gewusst, er habe durch Anwesenheit und Äußerungen Beihilfe geleistet. In zwei Fällen sei er mit dem Entführten in Geschäfte gegangen, wo M. aus Angst vor weiterer Gewalt teure Waren bezahlt habe.
Eine mutmaßliche Bande um Hassan S., bekannt als „Balu“, hatte laut Ermittlungen am 13. Januar dieses Jahres den 54-jährigen Montageleiter gekidnappt. Die Spuren sollen ins Milieu Organisierter Kriminalität geführt haben.
Als er die Akten las, wähnte er sich in einem Hollywood-Blockbuster, sagte Mirko Röder, der Verteidiger von R., in seinem Plädoyer. „Es hat sich aber so abgespielt in unserer Stadt“, so Röder. Das Verfahren sei „furchtbar, aber für meinen Mandanten glimpflich ausgegangen“. Er rate nicht zur Revision.
Entführung begann mit harmloser Begegnung
Für Frederik M. begann alles mit einer zufälligen Begegnung auf der Straße. „Ich ging in der Nähe meiner Wohnung spazieren“, schilderte er als Zeuge im Prozess. Ein ihm fremder Mann habe ihn angesprochen und nach Feuer gefragt. „Wir kamen ins Gespräch.“
Sie seien dann gemeinsam in ein Restaurant gegangen, um die Fernsehübertragung eines Eishockey-Spiels zu sehen und etwas zu essen. Nach dem Spiel seien sie noch ein Stück gemeinsam gegangen. Bis er in seine Wohnung ging.
Kurz darauf klopfte es an er Tür. Arglos öffnete der Vater zweier Töchter. „Ich bekam sofort Schläge mit der Faust, auch Tritte“, schilderte er vor Gericht. Der Täter habe ihn dann mit Klebeband gefesselt, auch den Mund verklebt. „Mein Nasenbein war bereits gebrochen.“
Ob weitere Komplizen in die Wohnung kamen, habe er nicht wahrnehmen können. Der Angreifer habe „alles mitgenommen, was wertvoll ist“. Zur Beute gehörten Ringe, eine Goldkette, eine teure Armbanduhr.
Opfer wurde zur Einnahme von Schlaftabletten gezwungen
Vier Männer sollen M. laut Anklage aus seiner Wohnung gezerrt haben, „um ihn gefangen zu halten und unter Zwang zu Geld- und Sachleistungen zu kommen“. Die Geisel musste dann in ein Auto steigen, M. wurde zur Einnahme von Schlaftabletten gezwungen.
Am 15. Januar kamen sie in Berlin an. Weitere mutmaßliche Bandenmitglieder kamen hinzu, darunter „Balu“ und dessen jüngerer Bruder. Sie hielten M. in diversen Unterkünften gefangen, ihm wurde mit Folter und Gewalt gegen seine Familie gedroht.
Als die Gruppe mit M. in Berlin ankam, hielt sich Maksim R. – er stammt aus Belarus – bereits in der Stadt auf. Sein Domizil war wohl seit Herbst 2023 eine Gartenlaube in Schöneberg. Über einen Bekannten sei es dazu gekommen, sagte er im Prozess. Dieser Mann habe „Balu“ gekannt. „Balu“ sei dann mit dem Opfer aufgetaucht – „er sagte, dass ich mit ihm einkaufen gehen soll.“ Er habe sich darauf eingelassen, gab R. zu. „Ich hatte Angst um das Opfer, aber auch Angst vor ,Balu’ und den anderen.“

© Alexander Fröhlich
Nach einem Interpol-Hinweis wurde der Schwede am 18. Januar befreit. Fünf Tage befand er sich in Todesangst. Die Kidnapper hätten massiv Drogen konsumiert und sich mit großer Unberechenbarkeit präsentiert, so der Richter.
Den Haupttätern – darunter mehrere arabischstämmige Männer – wird voraussichtlich Anfang 2025 in Schweden der Prozess gemacht. Acht Männer wurden nach ihrer Festnahme in Berlin ausgeliefert.
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