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Berlin: Senat will Ärzte notfalls zur Arbeit verpflichten

Staatssekretär sieht durch den Streik die gesundheitliche Versorgung gefährdet / BKK kündigt Honorarkürzung an

Drohungen mit gerichtlichen Klagen, mit Zwangsmaßnahmen und Honorarkürzungen für Ärzte: Der Streit um den geplanten Streik der Mediziner in Berlin hat sich am Montag erheblich verschärft. Besonders die Senatsgesundheitsverwaltung und einzelne Kassen machen Druck. So will Gesundheitsstaatssekretär Hermann SchulteSasse (parteilos) gegebenenfalls „per Anordnung durchdrücken“, dass nicht alle Fachärzte und Allgemeinmediziner eines Bezirkes zugleich ihre Praxen schließen. Und die Betriebskrankenkasse des Landes Berlin (BKK) kündigte an, sie werde der Kassenärztlichen Vereinigung für jeden Streiktag 30 000 Euro weniger überweisen. Dagegen wollen sich die Ärzte wiederum gerichtlich wehren.

Wie berichtet, haben nahezu alle fachärztlichen Verbände ihre 5000 Mitglieder zu Aktionen gegen die derzeitige Gesundheitspolitik aufgerufen. Von Mittwoch bis zum 4. März sollen an jedem Werktag in mehreren Bezirken oder Ortsteilen insgesamt rund 1000 Praxen geschlossen bleiben. Dabei sind allerdings die alten Berliner Bezirke und nicht die neuen Großbezirke gemeint – sonst müssten viele Patienten auch aus Sicht der Ärzte unzumutbar weit zu einer Ersatzpraxis im angrenzenden Bezirk fahren, wo die Mediziner am jeweiligen Tag im Dienst sind. In den drei größten Bezirken Spandau, Neukölln und Reinickendorf werden aus diesem Grunde auch immer nur einzelne Ortsteile bestreikt.

Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ist die gesundheitliche Versorgung damit auch an Streiktagen nicht gefährdet. Gesundheitsstaatssekretär Schulte-Sasse sieht das anders: „Wenn ein älterer Mensch mitten in Charlottenburg wohnt und einen Internisten im Nachbarbezirk aufsuchen muss, ist das unzumutbar“, sagte er gestern und stellte Zwangsmaßnahmen in Aussicht. Denn per Gesetz ist das Land verpflichtet, die gesundheitliche Versorgung zu sichern. Es hat diesen Auftrag zwar an die ärztliche Selbstverwaltung, also die KV, delegiert – gleichwohl bleibt die Gesundheitsverwaltung die oberste Aufsichtsbehörde. Nun will Schulte-Sasse durchsetzen, dass auch in bestreikten Bezirken wenigstens einige Fachärzte jeder Richtung arbeiten.

Mehrere Kassen fordern unterdessen ihre Versicherten auf, streikende Mediziner zu melden. Die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) hat dafür eine telefonische Hotline unter 0180-1325325 eingerichtet. Und die Betriebskrankenkasse (BKK) Berlins will den Ärzten kräftig die Honorare kürzen.

Doch noch ist unklar, wie viele Mediziner dem Streikaufruf folgen werden. Kinderärzte und hausärztlich tätige Internisten gingen bereits auf Distanz, andere fühlen sich von der Aktion überrumpelt. Das hat auch der Senat mitbekommen. Staatssekretär Schulte-Sasse: „Wir bezweifeln, dass es zu einer wirkungsvollen Streikbeteiligung kommt.“ Christoph Stollowsky

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