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Der Prozess findet vor dem Landgericht Berlin statt.

© Sonja Wurtscheid/dpa

„Alles ist weg“: Senioren sagen gegen falschen Polizisten aus

Am Telefon überredeten Betrüger alte Menschen ihnen ihr Geld und die Wertsachen zu geben. Die Opfer erzählten im Gericht ihre Geschichte.

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Sie riefen in der Nacht an, gaukelten ihm Polizeiarbeit zu seiner Sicherheit vor und plünderten ihn aus. „Alles ist weg“, sagte der 82 Jahre alte Zeuge, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, am Dienstag vor dem Landgericht.

Seine sechs Goldbarren zu je 100 Gramm und knapp 12.000 Euro in bar. Das, was er sich als einstiger Montageeinrichter hart erarbeitet hatte. Er wurde Opfer einer Bande von falschen Polizisten, die betagte Menschen dazu bringen, ihr Vermögen in Taschen vor ihrem Haus, am Gartenzaun oder an einer Straßenecke abzulegen.

Die Betrüger hatten den Senior im September 2019 im Visier und ließen am Telefon nicht locker. Ein angeblicher Kommissar redete auf ihn ein. Viele Einbrecher seien in der Nähe unterwegs, es gebe die Chance, eine Bande zu schnappen – wenn er mithelfen würde.

„Ich sollte ein Lockvogel sein“, sagte der 82-Jährige. „Ich packte meine Wertsachen in eine Tasche, brachte sie runter.“ Am Telefon ein Schmierentheater. „Ich dachte, da läuft ein Einsatz.“ Als ein angeblicher Zivilbeamter die Tasche nahm, ahnte er den Schwindel. „Ich habe danach sehr bescheiden gelebt, musste sparen. Ich habe mich auch so geschämt, dass ich auf so etwas reingefallen bin“.

Der Senior, der damals noch nicht im Rollstuhl saß, sah kurz in Richtung des Angeklagten. Der 26-jährige Paul K. soll als sogenannter Abholer einer Bande bei insgesamt 14 Taten Bargeld, Schmuck und Uhren weggetragen haben – eine Beute im Gesamtwert von rund 800.000 Euro. Zuvor seien die Opfer von angeblichen Polizisten angerufen und unter Druck gesetzt worden. K. schwieg zu den Vorwürfen.

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Nach dem 82-Jährigen sagte ein 80-jähriger Jurist aus. Auch er hatte den Schwindel nicht erkannt. Man warnte ihn drei Tage lang vor angeblich korrupten Bankmitarbeitern. Fast 71.000 Euro zockte die Bande bei dem Juristen ab.

Wie es ihm seelisch gehe, fragte der Richter. „Ich bin sehr betroffen und ich habe mich geschämt, darüber zu reden.“ Für den Prozess sind weitere Termine bis zum 20. August geplant.

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