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 Das Architektenbüro bfm (Piero Bruno) lieferte den Siergentwurf für eine 4-zügige modulare Grundschule und Sporthalle.

© Simulation: BFM

Schulbauoffensive in Berlin: So sehen die neuen Berliner Schulen aus

Im Wettbewerb um die besten Entwürfe gab es sechs Sieger. Nur zwei Bautypen sollen in sechs Bezirken realisiert werden. Im Jahr 2020 geht’s los.

Die Gewinner stehen fest. Bis Ende März will Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) die Bauaufträge vergeben. In zwei Jahren sollen elf brandneue Schulen schlüsselfertig sein. Die fünf Bauten für drei Klassenzüge pro Jahrgang (dreizügig) in vier Bezirken werden baugleich sein, die sechs vierzügigen in ebenfalls vier Bezirken ebenso. Und möglicherweise kommen in einer zweiten Bauwelle noch einmal dieselbe Zahl baugleicher Schulen hinzu. „Typenbauten“ sollen es sein, damit alles schneller geht – billiger wird es trotzdem nicht, ganz im Gegenteil.

Auf einen gewaltigen Topf mit 5,5 Milliarden Euro sollte der „Kostendeckel“ fest sitzen, hatte der Senat mal beschlossen. Doch jetzt sagt Lompscher: „Das war durch keine Kenntnis untersetzt.“ Der „höhere Flächenbedarf und Anforderungen an nachhaltiges Bauen“ lassen die Kosten steigen. Und überhaupt stimmt die Rechnung erst, wenn die Aufträge an die Baufirmen raus sind. Denn der anhaltende Bauboom in Berlin ließ die Preise zuletzt kräftig stiegen.

In der Kategorie 3-zügig, also eine Grundschule mit jeweils drei Parallelklassen, ging der 1. Preis an das Büro h4a Gessert + Randecker.
In der Kategorie 3-zügig, also eine Grundschule mit jeweils drei Parallelklassen, ging der 1. Preis an das Büro h4a Gessert + Randecker.

© Simulation: H4A GESSERT + RANDECKER

Als „Basisbaukosten“ für die Schulen mit Sporthalle stehen zu Beginn der Planung rund 18,7 Millionen Euro für das dreizügige Model, 26 Millionen für das vierzügige. Extrakosten können zur Anpassung des Serienmodells ans Grundstück anfallen, auf das es abgeworfen wird. Der Kritik, wonach eine offener Wettbewerb mehr Vielfalt hervorgebracht hätte und nicht immer gleiche Schulen in ganz Berlin, konterte Lompscher mit dem großen Zeitdruck, der ein langwierigen offenen Wettbewerb nicht zuließ. Und Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte, die neuen Schulen seien über ein großes Stadtgebiet verteilt und stünden nicht dicht beieinander.

Überhaupt schwärmte die Schulsenatorin von den neuen „Kommunikationsschulen“, die es erlaubten, die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft Schulraumkonzepte umzusetzen. Nicht weniger als die frühe Einübung der Demokratie ist wohl das Ziel: Ein „Forum“ (die Antike lässt grüßen) sei „das Herzstück“ der Schule, rundherum gliedern sich die Räume. Die Lehrer sitzen gemeinsam mit den Erziehern in „Teamräumen“. Diese gibt es auf jeder Ebene und zwar digital aufgerüstet, damit die Pausen zwischen den Stunden nicht mit einem Spurt zum Kopierer auf dem anderen Geschoss vertan werden muss.

„Immer beieinander und schnell ansprechbar“ seien Schüler und Lehrer durch die Gruppierung von Räumen rund um das Forum. Wobei die Schüler dort „auch mal abhängen und chillen“ sollen, wie Scheeres sagt. Auch die Aula hat die Schulsenatorin umbenannt in „Mehrzweckräume“, die man je nach Bedarf zusammenlegen und trennen kann für große und kleine Veranstaltungen. Wobei die Schulen sich ohnehin „öffnen“ sollen. Damit „mal eine Feier stattfinden kann“ – und das Haus auch von Vereinen oder Initiativen gebucht werden kann.

Die Extrakosten für die höheren Umweltstandards, eine Gebäude-Zertifizierung in „Silber“ wird angestrebt, rechtfertigte die Bausenatorin mit den daraus folgenden geringeren Betriebskosten.

Und wie werden die Schulen aussehen? Neubauten aus den 1980er Jahren nicht unähnlich: Lang gestreckte Gebäudekörper mit großen rechteckigen Fensteröffnungen, damit viel Licht in die Räume fällt. Aus dem Rahmen fielen mit ihren Entwurf die Preisträger des dritten Platzes für die vierzügige Schulen: Die Entwürfe zeigen Module, die an eine Ansammlung gegeneinander versetzter Townhäuser erinnert.

Der Entwurf der Architekten HerbstKunkler für die neue Grundschule am Koppelweg in Neukölln erhielt den 2. Preis in der Kategorie 3-zügig.
Der Entwurf der Architekten HerbstKunkler für die neue Grundschule am Koppelweg in Neukölln erhielt den 2. Preis in der Kategorie 3-zügig.

© Simulation: HerbstKunkler

Nicht ausgeschlossen, dass dieser Entwurf zum Zuge kommt. Dem Städtebau der Hauptstadt täte die Abwechslung gut – warum soll Schule nicht auch in architektonischer Vielfalt bilden? Entschieden wird, welcher der jeweils drei Entwürfe für die fünf dreizügigen und sechs vierzügigen Schulen realisiert wird, in den kommenden Wochen, im Gespräch mit den Architekten, deren typisierte Bauten sich auf allen konkreten Grundstücken bewähren müssen.

Platz genug werden die Schüler haben: Rein rechnerisch mehr als zehn Quadratmeter pro Kopf: 5835 Quadratmeter für 576 Schüler bei den vierzügigen Schulen und 4900 für 432 Schüler bei den dreizügigen Bauten. Allerdings lässt sich eine Bildungseinrichtung nicht mit einer Wohnung oder einem Büro vergleichen aufgrund der erforderlichen Gemeinschaftsräume wie Mensa, Mehrzweckräume oder Turnhalle.

Und wie ist der Stand der Schulbauoffensive? „Das Land Berlin will 65 neue Schulen in den nächsten Jahren bauen“, sagt Lompscher. Hinzu kommen kleinere Bauvorhaben und Modernisierungen in den Bezirken. Mit diesem ersten Wettbewerb und den ersten zehn Schulen die im Bau sind oder kurz davor ist knapp die Hälfte der neuen Schulen auf den Weg gebracht: Falls tatsächlich die ausgewählten Entwürfe bei allen vier Projekt-Tranchen (zwei mal fünf dreizügige und zwei mal sechs vierzügige Schulneubauten) realisiert werden. Zu besichtigen werden die nagelneuen Bildungseinrichtungen spätestens im Jahr 2022 sein: in Lichtenberg, Neukölln, Pankow, Marzahn-Hellersdorf sowie in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg.

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