Berlin: „Spezialbier als Chance“
Brauersprecher Schürholt über die Branchenzwerge
Stand:
Herr Schürholt, in Deutschland wächst seit Jahren die Zahl der Kleinbrauereien. Viele mittelgroße Betriebe verschwinden, die Zahl der großen bleibt konstant.
Verantwortlich dafür ist der Konzentrationsdruck der Branche. Die mittelgroßen Brauereien werden von den großen entweder aufgekauft oder vom Markt gedrängt. Darüber hinaus haben die mittelgroßen Brauereien besonders stark unter den gestiegenen Rohstoffpreisen zu leiden. Die kleinen Brauereien profitieren vom Trend zur Eventgastronomie. Auch ein saisonaler Wechsel zwischen verschiedenen Bieren kommt auf dem Markt gut an.
Kann man angesichts der Zahlen überhaupt von einem „Brauereisterben“ sprechen?
Ja, denn die großen Marken sterben. In Dortmund beispielsweise gab es einmal 40 Brauereien. Heute gehört alles einem Brauereikonzern. In Berlin gehören inzwischen Berliner Pilsner, Schultheiss und Kindl alle zur Radeberger-Gruppe.
Wo liegen die Chancen der Kleinbrauereien?
Flaschenabfüllung lohnt sich für die meisten nicht. Viele ungefilterte Biere sind außerdem nur ein paar Wochen lagerfähig. Spezialbiere, die sich von der Masse abheben, sind eine Chance. Die meisten kleinen Brauereien wachsen allerdings nicht. Die Produktion von 5000 auf beispielsweise 20 000 Hektoliter zu steigern, ist ein gewaltiger Schritt.
Welchen Anteil am Gesamtausstoß haben die Kleinbrauereien?
Die 468 großen und mittelständischen Brauereien haben einen Marktanteil von rund 95 Prozent, die 816 Kleinbrauereien zusammen nur rund fünf.
Wieso trinken die Deutschen eigentlich immer weniger Bier?
Die Vielfalt auf dem Getränkemarkt hat zugenommen, und es gibt einen Boom bei den Fitnessgetränken. Ausschlaggebend ist sicherlich auch die gesunkene Promillegrenze für Autofahrer.
Das Interview führte Moritz Honert
Kai Schürholt (35) ist Doktor der Theologie und Sprecher des Deutschen Brauer-Bundes. Der Verein mit Sitz in Berlin vertritt rund 95 Prozent aller deutschen Brauereien.
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