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11.-September-Held: Ums Leben gerannt

Ein Beinamputierter bewältigte bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York 70 Stockwerke und konnte sich so retten. Jetzt ist er zu Gast in Berlin.

Als Curtis Grimsley am 11. September 2001 mit weißem Ruinenstaub am ganzen Körper in die Klinik kam, sammelten sich immer mehr Ärzte und Schwestern um ihn: Dieser Mann hat nur ein Bein, und er hat es trotzdem geschafft, die 70 Stockwerke im World Trade Center aus seinem Büro hinunter um sein Leben zu laufen! „Ich habe es dank meiner computergesteuerten Beinprothese geschafft, den Terrorangriff zu überleben. Jetzt will ich in Berlin anderen Menschen in Krisen Mut machen. Auch einen Körperteil zu verlieren heißt nicht, sein Leben zu verlieren“, sagt der 52-Jährige aus New Jersey, USA. Mit seiner 48-jährigen Frau Bershane ist der Amerikaner jetzt hier auf Besuch.

Seine Lebensgeschichte hat die „New York Times“ schon auf dem Titel erzählt, der Fernsehkanal Phoenix will eine Dokumentation über ihn drehen. In Berlin wird Curtis Grimsley in der „Heroes Galery“ im Science Center Medizintechnik der Otto Bock Health Care am Potsdamer Platz vertreten sein. Zur Eröffnung am 16. Juni kommen auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus.

Die Erlebniswelt zum Wunderwerk menschlicher Körper in der Ebertstraße 15a in Mitte kann man bei der Langen Nacht der Wissenschaften am 13. Juni schon mal vorab besichtigen. Besucher werden in einer Animation auch die Mutmacher-Geschichte von Curtis Grimsley erfahren. Der Computerfachmann bei der New Yorker Hafenbehörde verlor 1996 sein Bein bei einem Autounfall. „Ich hatte erst eine herkömmliche Prothese, die Leute haben sich über mich amüsiert, wie ich laufe“, sagt der fünffache Vater. Dann entschied er sich für das „C-Leg“ made in Germany mit Mikroprozessor im Kniegelenk, der die Gehbewegungen steuert. Die Kosten von 50 000 Dollar trug die Versicherung. „Auch wenn ich es hätte selbst zahlen müssen, das Ding hat mein Leben gerettet, das ist jeden Cent wert.“

Panik hatte Grimsley am Tag des Anschlags nicht, den Menschen war das Ausmaß der Katastrophe zunächst gar nicht klar. „Es gab keinen Qualm, alle liefen ruhig das Treppenhaus hinunter, obwohl wir wussten, dass ein Flugzeug in den Tower geflogen war. Die Feuerwehrleute, die uns entgegenrannten und die wir beklatschten, sind alle tot.“ Seine Frau stand zu Hause Todesängste um ihren Mann aus. Albträume habe er nicht, sagt Grimsley, „ich bin ein positiver Mensch“. Er treibt viel Sport, macht Fitnesstraining. „Und Schach liebe ich.“ 2002 war er schon mal kurz in Berlin, auch auf Einladung des Otto-Bock-Konzerns, nachdem Geschäftsführer Hans Georg Näder von Grimsleys Schicksal erfahren hatte. „Da habe ich mir auch den Ort angesehen, wo Hitler die Bücher verbrennen ließ, und den Checkpoint Charlie“, sagt er. Dass er diesmal mit seiner Frau Bershane Berlin erkunden kann, freut ihn sehr. Sie hatte ein Jahr nach dem Terroranschlag noch zu viel Angst davor, sich in ein Flugzeug zu setzen. Annette Kögel

Annette Kögel

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