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Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie sinkt zum Jahreswechsel.

© dpa/Sina Schuldt

Steuersenkung für Restaurants: Günstigeres Essen steht nicht auf der Speisekarte

Die Mehrwertsteuer sinkt, doch viele Kosten und die Mieten bleiben hoch. Der Geschmack der Kundschaft ändert sich. Nun müssen viele Lokale neu um sie werben.

Robert Ide
Ein Kommentar von Robert Ide

Stand:

Die Weihnachtsgans im Restaurant, die wärmende Suppe in der Kneipe, der Christstollen im Café – all das haut nicht nur kalorienmäßig rein, sondern auch finanziell. Essen gehen ist so teuer wie nie. Aber die gute Nachricht naht mit dem neuen Jahr: Für alle Speisen sinkt die Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent. Theoretisch wird’s ab Januar billiger. Praktisch aber bleibt es kompliziert für die Gastronomie in Berlin.

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Dass Gaststätten reihenweise die Preise senken, steht wohl nicht auf der Speisekarte für 2026. Wahrscheinlicher ist, dass stabile Preise die gestiegenen Kosten abfedern. Den angehobenen Mindestlohn, die teure Energie, die andauernd anziehenden Lebensmittelpreise, und in Berlin auch noch: die Mieten für Lokale. Der Gaststättenverband Dehoga sieht daher die Steuersenkung eher als Rettungsanker für viele Restaurants. Immerhin das ist sie.

Ein vernünftig geregeltes Gewerbemietrecht ist Aufgabe für die Stadtpolitik, die sich sonst gern als Retter an die Theken bedrohter Kneipen stellt.

Tagesspiegel-Autor Robert Ide

Mit der Reform wird eine wichtige Neuerung serviert: Geliefertes Essen wird nicht mehr geringer besteuert als serviertes Essen. Nur Lieferdienste durften bisher sieben Prozent Mehrwertsteuer abliefern; dieser unfaire Vorteil wird jetzt abgeräumt.

Viele andere Kosten bleiben angesichts der Krisen der Welt weiterhin hoch. Aber bei den Mieten könnte aktiv gegengesteuert werden. Nach wie vor gibt es kein vernünftig geregeltes Gewerbemietrecht, also keine lokalen Obergrenzen für Lokalmieten. Eine Aufgabe für die Stadtpolitik, die sich sonst gern als Retter an die Theken bedrohter Kneipen stellt.

Nach wie vor schließen Institutionen wie das Biergarten-Restaurant „Luise“ in Dahlem oder das „Eierhäuschen“ in Treptow. Viele Kundinnen und Kunden gehen nicht mehr so oft essen, wollen nicht 25 Euro für ein Kalbsschnitzel oder für Nudeln mit Gemüse bezahlen. Die Alternative ist jedoch: Es gibt hier bald gar kein Essen mehr – weil das Restaurant dichtmacht. Berlin verliert so neben Arbeitsplätzen seine weltbekannte kulinarische Vielfalt. Und ein Kiez trägt Trauer, wenn wieder ein Lokal die Rollläden runterzieht.

Die Senkung der Mehrwertsteuer gibt der Gastronomie mehr Zeit, kreativer um Gäste zu werben. Viele Restaurants könnten das Frühjahr mit Rabattaktionen beleben. Kneipen und Biergärten sehnen einen besseren Sommer und die Fußball-WM herbei. Schon jetzt gibt es in der Gastronomie einen Trend zu mehr Gemütlichkeit und Geselligkeit und zu weniger ausgesuchter Sterneküche. Viele Restaurants und Cafés versuchen, sich wieder mehr als Ort der Gemeinschaft zu verstehen: mit Spieleabenden, Singlebörsen, Karaoke – sowie Lesungen und Weinverkostungen in Restaurants.

Wenn die Menschen weiterhin viel Geld ausgeben fürs Essen und Trinken, wollen sie zumindest andere Menschen erleben und treffen. Sonst könnte man ja auch allein zu Hause vor sich hinfuttern. Und dafür wohnen wir ja nicht in Berlin, oder?


Jeden Donnerstag ab 6 Uhr kommentiert Robert Ide stadtpolitische Themen bei Simone Panteleit und Team im Berliner Rundfunk 91.4. Im Tagesspiegel finden Sie den Kommentar zum Nachlesen und Nachhören.

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