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Berlin: Streit um Zigarette endete tödlich Angeklagter stach erst auf Reifen, dann auf einen Mann ein

Endstation U-Bahnhof Hönow. Dort trafen sich Täter und Opfer zufällig.

Endstation U-Bahnhof Hönow. Dort trafen sich Täter und Opfer zufällig. „Es gab eine Streiterei“, sagte Alexander L. gestern vor dem Landgericht. „Dann sah ich, wie der Mensch umkippte.“ Das mit dem Butterfly-Messer müsse „irgendwie in der Rauferei“ passiert sein. Er habe nur „wenige Bilder“ vor Augen. „Mutwillig war es aber auf keinen Fall.“ Die Witwe des getöteten Mirco K. saß fassungslos im Gerichtssaal. Alexander L. hat ihren Ehemann erstochen. Einfach so.

Dem 22-jährigen L. wird nicht Mord, sondern Totschlag vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es im Handgemenge zwischen dem Angeklagten und dem Opfer zum Stich in den Hals gekommen ist. Beide Männer waren in der Nacht zum 29. September vergangenen Jahres angetrunken. Der 36-jährige Mirco K. war auf der Heimfahrt eingenickt und hatte die Station Hellersdorf verpasst. Gegen zwei Uhr stand der Familienvater allein auf dem Bahnhofsvorplatz.

„Kann sein, dass ich eine Zigarette von ihm haben wollte“, sagte der Angeklagte. „Ich kann mich aber nicht mehr erinnern.“ Er sei von einer feuchtfröhlichen Party gekommen. Dort hatte ihn eine 17-jährige Schülerin abblitzen lassen. Außerdem hatte er einen Tag zuvor seine Lehrstelle als Koch verloren. „Ich war deprimiert“, meinte der Angeklagte. Dass er ein Messer aus seiner Sammlung bei sich hatte, sei ganz normal gewesen. „Ich fühle mich damit sicherer, und es macht Spaß, damit herumzuspielen.“

Als Alexander L. die Party verließ, soll er seine Wut zunächst an mehreren Fahrzeugen ausgelassen haben. Laut Anklage zerkratzte er den Lack an sieben Autos und zerstach etliche Reifen. Weil er von Mirco K. keine Zigarette bekam, soll er zugestochen haben. Dann ging er einfach weiter, zerkratzte mit dem knapp zehn Zentimeter langen Messer erneut Fahrzeuge und stach die Reifen platt. Am dreizehnten Wagen schnappte ihn die Polizei.

In ersten Vernehmungen hatte Alexander L. gesagt, er habe Mirco K. im Streit um eine Zigarette das Messer drohend vors Gesicht gehalten, er habe dann „maximal einmal zugestochen“. Von diesen Aussagen will er nun nichts mehr wissen. „Ich stand unter Schock“, meinte L. Die Fragen der Richter machten deutlich, dass sie zumindest Zweifel an seinen angeblichen Erinnerungslücken haben. Für die Familie des Getöteten steht fest: „Der macht auf dumm, der weiß ganz genau, was er gemacht hat.“ Das Urteil wird voraussichtlich am Freitag verkündet.

Kerstin Gehrke

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