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Berlin: Suche nach gemeinsamen Werten Integration oder Multikulti? Abgeordnete debattierten über Ausländerpolitik

Am Anfang ist die Sprachkompetenz. Darüber, immerhin, waren sich alle einig, die am gestrigen Donnerstag im Abgeordnetenhaus über Integration stritten.

Am Anfang ist die Sprachkompetenz. Darüber, immerhin, waren sich alle einig, die am gestrigen Donnerstag im Abgeordnetenhaus über Integration stritten. Selten war eine Aktuelle Stunde so aktuell wie diese. Wie man aber das gemeinsame Leben in Berlin organisiert – darüber sind die Fraktionen zerstritten.

Mit der Ursachenbestimmung für die Berliner Intergrationsprobleme fing es an. Dass „Ghettos“ entstanden seien, ist für den SPD-Abgeordneten Thomas Kleineidam „Folge jahrzehntelanger Realitätsverweigerung“: Stets sei bestritten worden, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Kleineidam gestand immerhin zu, dass es auch in der multikulturellen Gesellschaft Probleme geben kann, wenn Migranten ihr Leben ohne jeden Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft bestreiten könnten, weil sie in ihrer Sprache mit der Hebamme ebenso reden könnten wie mit dem Bestattungsunternehmer. Dem hielt er eine „Leitkultur“entgegen, die seiner Meinung nach nicht mehr umfassen muss als das Grundgesetz. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) behauptete, die derzeit überall beschriebene Parallelgesellschaft gebe es nicht – das sei bloß eine unsachliche Zuspitzung. „Soziale Ursachen“ stünden am Anfang aller Probleme in Teilen Neuköllns, Kreuzbergs oder Weddings.

CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer will nun „Integration fördern, aber auch einfordern“: verpflichtende Integrationskurse, Sprachtests für Vierjährige, Förderunterricht für Kinder, die kein Deutsch können. Er fordert, dass muslimische Mädchen die Schulpflicht einhalten. Auch für sie gelte das Recht auf Bildung. Zuwanderer sollten „faire Chancen“ haben, sagte Zimmer, „aber sie müssen unsere Werte übernehmen“.

Wer ein multikulturelles Miteinander wolle, der müsse dafür sorgen, dass sich die Schwierigkeiten nicht in bestimmten Bezirken konzentrierten, sagte PDS-Fraktionschef Stefan Liebich. Er will den „Wertausgleich“ zwischen den Kiezen, will „Umverteilung“, was bedeutet, dass die besser gestellten Bezirke zugunsten der ärmeren verzichten. Liebich sieht den Senat auf dem richtigen Weg, auch ohne „Leitkultur“. Die rot-rote Koalition setze zum Beispiel nicht auf ein Kopftuchverbot, sondern auf ein „Neutralitätsgesetz“. Weg vom angeblich verschärften Gegeneinander von Christen und Muslimen wollen der Grüne Volker Ratzmann und der Liberale Alexander Ritzmann. „Es gibt nicht nur Christen oder Moslems“, sagte Ratzmann. Wer so an die Probleme herangehe, verschärfe sie bloß. Und Ritzmann sprach von der ausgestreckten Hand der Mehrheitsgesellschaft und seinen eigenen guten Wohngefühlen in Neukölln-Nord.

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