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SONNTAGS um zehn: Teilzeitpropheten gefragt

Charlottenburger Baptisten wollen Jeremia nachfolgen

„Wollen Sie einen Tee oder einen Kaffee?“, wird gestern Mittag die zufällige Besucherin des Kirchencafés freundlich umsorgt. Das Beisammensein in gemütlicher Runde gehört zum Ritual des Sonntagsgottesdienstes der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde der Baptisten in Charlottenburg. 1998 feierte sie ihr 100-jähriges Bestehen in der Bismarckstraße 40, wo die Gemeinde ihr Zuhause hat.

Durch zwei Hinterhöfe gelangt man zu dem Kirchlein, das die Charlottenburger Baptisten 1921 für eine halbe Million Mark erworben haben. „Friedenskirche“ haben sie das Gotteshaus genannt, das vorher auch schon mal als Synagoge diente. Dort begrüßte gestern Hendrik Kissel die Gottesdienstbesucher – seit Januar der neue Pfarrer der Gemeinde. Über die neuen Ideen des bisherigen Landesjugendpastors, der am 2. März offiziell in sein neues Amt eingeführt werden soll, freute man sich gestern schon in den einzelnen Tee- und Kaffeerunden. Der Ostergarten vom 10. bis 14. März ist so eine Idee. Was es mit Ostern eigentlich auf sich hat, soll bei diesem gemeinsamen Projekt mit dem Berufsförderungswerk Brandenburg Kindern und Jugendlichen in einem 90-minütigen Geschichts- und Religions-Spaziergang in der Kirche vermittelt werden.

Gestern brachte der Pfarrer seinen Zuhörern nahe, was damit gemeint war, als Gott Jeremia zum Propheten berief. Jeremia hatte nach einigen Zweifeln Ja zu seiner Berufung gesagt. Das sollten wir auch, forderte Hendrik Kissel die Gemeinde auf: selbst als Teilzeitpropheten auftreten. Das bedeute, sich im Leben um die zu kümmern, die es nicht geschafft haben oder schaffen. „Prophet sein, heißt reden lassen“, sagte der Pfarrer. Anderen zuzuhören und auch für sie zu beten – so bringe man Menschen mit Gott in Verbindung.

Miteinander das Leben zu bewältigen und sich damit auf die Spur zu Gott zu begeben – das sei das Ziel. „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn, denn wenn’s ihr gut geht, so geht’s auch euch wohl“, so schrieb der Prophet Jeremia vor 2500 Jahren. Das bedeutet auch, hier und jetzt zu leben, es auch anderen zu erleichtern, sich hier niederzulassen.

In der „Gemeinde für Menschen“ – als eine solche verstehen sich die Charlottenburger Baptisten – etwa 130 von weltweit 30 Millionen sind es – nimmt man das ernst. Nicht nur gestern, wo eine junge Neu-Berlinerin aus Westdeutschland herzlich in der Gemeinschaft aufgenommen wurde. In der Friedenskirche ist man im Aufbruch – nicht zuletzt durch den neuen Pfarrer und dessen frische Ideen. Angebote für Kinder auf Berliner Straßenfesten gehören ebenso dazu, wie mehr Hinwendung zur Generation 55plus.hema

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