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Berlin: Tierisch deutsch

Wenn „Adolf“ die rechte Pfote hebt: Macht sich Herrchen strafbar?

Von Frank Jansen

Die Szene passt in einen Spottfilm über Neonazis. Anfang März baut sich Roland T. mit seinem Schäferhund auf einer Straße in Tempelhof auf und schreit „Heil Hitler“. Passanten rufen die Polizei. Die Beamten erscheinen, wollen den 53-jährigen Krakeeler befragen. Doch dieser fühlt sich nun erst recht herausgefordert. Jetzt wird er zeigen, was das Tier alles kann, das auf den Namen „Adolf“ hört. Die Polizisten trauen ihren Augen nicht: Roland T. kommandiert „Adolf, sitz! Mach’ den Gruß!“ Und der Schäferhund hebt die rechte Pfote.

Tierisch deutsch – und vermutlich strafbar. Die Beamten schreiben eine Anzeige. Im Oktober klagt die Staatsanwaltschaft Roland T. an. Der Vorwurf lautet „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, zu ahnden mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft. Das Amtsgericht Tiergarten muss nun entscheiden, ob die Anklage zugelassen und T. ein Prozess gemacht wird. Der Mann ist einschlägig bekannt: Er sei mehrmals mit Hitlergruß und antijüdischen Parolen aufgefallen, sagen Sicherheitsexperten. Insgesamt seien mehrere Verfahren wegen solcher Propagandadelikte anhängig. Der Fall T. hat jedoch eine tragische Note.

Vor sieben Jahren hatte der Mann einen schweren Verkehrsunfall und erlitt eine Kopfverletzung. In einem Gutachten für ein weiteres, noch nicht abgeschlossenes Verfahren wird T. verminderte Schuldfähigkeit attestiert. Vermutlich sei er kein gefährlicher Extremist, heißt es in Sicherheitskreisen. Doch könnten Justiz und Polizei nicht tatenlos zusehen, wenn T. öffentlich Hitler huldige und dazu noch ein Tier missbrauche. „Wenn sich das rumspricht, glaubt bald jeder, er könne ,Heil Hitler’ rufen und seinen Hund oder Papagei abrichten.“

Es sind nun drei Varianten möglich, sollte das Gericht die Anklage zulassen: T. wird bestraft, kommt aber wegen seiner Behinderung milde davon. Oder das Verfahren wird eingestellt. Oder das Gericht beschließt, T. müsse in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht werden. Und Hund „Adolf“ wird womöglich T. entzogen. Diese Strafe wäre für ihn wohl die härteste.

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