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Berlin: TollCollect stahl Landkarten im Internet

Gericht verurteilte das Maut-Konsortium, das sich Daten vom Computer einer Berliner Firma holte

Etwas orientierungslos hat die Firma Toll Collect schon früher gewirkt, nun hat sie sich im Internet ein paar Landkarten besorgt. Das allerdings fiel ihr kürzlich ebenfalls auf die Füße: Die Landkarten gehören nämlich einer anderen Firma. Jetzt wurde Toll Collect vom Landgericht für den Datenklau zur Unterlassung verurteilt; über Schadensersatz soll gesondert entschieden werden. Toll Collect ist das Konsortium aus Daimler-Chrysler und Deutscher Telekom, das Deutschlands Autobahnen schon 2003 mit einem funktionierenden Mautsystem versehen sollte, dies aber bis heute nicht geschafft hat.

Geschädigt wurde die Berliner Firma Euro Cities. Sie bietet im Internet elektronisches Kartenmaterial an. Besonders bekannt ist ihre Seite www.stadtplandienst.de. „Eines Tages fand man durch Zufall heraus, dass Toll Collect elektronisches Kartenmaterial im Wert von 532 000 Euro aus der Datenbank von Euro Cities heruntergeladen hat“, sagt der Rechtsanwalt und CDU-Politiker Uwe Lehmann-Brauns, der für den Kartenhersteller vor Gericht zog. „Die Schadensersatzklage geht raus, sobald das Urteil rechtskräftig ist“, bekräftigt Euro Cities-Vorstand Hans Biermann.

Bei Toll Collect will man sich zu der Sache nicht äußern. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, denn wir haben Berufung eingelegt“, sagte Sprecher Harald Lindlar. „Im Übrigen brauchen wir für den Maut-Start keine Stadtpläne, sondern nur unser Kanten-Knoten-Modell.“ Damit ist eine abstrakte Darstellung der Autobahnen und ihrer Knotenpunkte gemeint, ähnlich einem U-Bahn-Plan.

Dennoch wurden von einem Toll Collect-Computer die Landkarten von Stuttgart, Berlin und Deutschland in verschiedenen Maßstäben heruntergeladen; insgesamt 202 Megabyte Datenmaterial. Das ist illegal und war technisch nur möglich, weil ein spezielles Programm mit dem Namen „Httrack“ (gesprochen: Häträck) eingesetzt wurde. „Httrack ist ein Spezialprogramm für das Kopieren ganzer Webserver“, sagt Biermann. „Sie können damit sogar per Menü den Absender verschleiern. Das haben die auch alles gemacht.“ Ob das ein Mitarbeiter auf Eigeninitiative tat oder im Firmenauftrag handelte, ließ sich vor Gericht nicht klären.

Vor dem Zivilgericht muss jede Partei ihre Behauptungen beweisen und die der anderen Seite möglichst entkräften. Aus dem Urteil des Landgerichts geht indes hervor, dass Toll Collect sich in diesem Punkt wenig Mühe gegeben hat. Mehrfach schreiben die Richter, dass das Vorgetragene nicht ausreicht, um die Angaben der Kläger zu entkräften. In der Berufungsinstanz hat Toll Collect keine sehr großen Möglichkeiten mehr, das einmal Verpasste noch nachzuholen.

Fatina Keilani

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