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Im Erdgeschoss kommt der Postmann häufiger vorbei. Egal welcher.

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Glosse: Ulrich Freises Post-traumatischer Stress

Sie prüfen und prüfen: 2012 wechselte der ehemalige Innenstaatssekretär Ulrich Freise zur Pin AG. Vorher könnte er ihr einen lukrativen Auftrag verschafft haben. Zwei Jahre später prüft die Innenverwaltung immer noch, ob das rechtens war. Oder liegt's mal wieder an der Post?

Staatssekretär a.D. Ulrich Freise wohnt vermutlich nicht im Erdgeschoss. Es muss so sein. Anders lässt sich nicht erklären, warum die Verwaltung von Innensenator Frank Henkel immer noch nicht weiß, ob dessen ehemaliger Staatssekretär seinen neuen Job in der Privatwirtschaft behalten darf oder nicht. Freise nämlich war als Chef des Landesverwaltungsamtes womöglich dafür verantwortlich, dass der Auftrag zur Beförderung der behördlichen Post an die Pin AG vergeben wurde. Als er aus seinem Amt ausschied, wechselte er – genau – zur Pin AG. Seitdem prüft die Innenverwaltung, man wird ja fragen dürfen, ob es da nicht einen Interessenkonflikt gegeben haben könnte. Und das seit einem Jahr. In seiner Antwort auf eine kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Dirk Behrendt sagte Henkel nun, das liege unter anderem daran, dass eben alle Beteiligten Akteneinsicht bekommen müssten. Also auch Freise. Am bequemsten per Paket.

Die lange Prüfungsdauer lässt eigentlich nur zwei Schlüsse zu: Entweder hat die Verwaltung die Akten an Freise über die Pin AG verschickt. Dann hätte man gleich den nächsten Skandal, wenn sie jetzt nicht mehr auffindbar wären. Oder aber, wahrscheinlicher und noch viel schlimmer: über die Deutsche Post. In diesem Fall befinden sich die Akten in irgendeinem Paketzentrum in einem Randbezirk oder in der Wohnung eines obskuren Nachbarn, dessen Namen man weder je gehört hat noch aussprechen kann. Denn wer, so wie mutmaßlich Herr Freise, nicht im Erdgeschoss wohnt, braucht nicht drauf zu warten, dass der Postmann jemals klingelt. Egal welcher.

In einer früheren Version dieses Textes hieß es, die Innenverwaltung prüfe den Fall bereits seit 2011. Das ist nicht der Fall. Ulrich Freise ist erst im September 2012 zur Pin AG gewechselt. Seitdem läuft auch die Prüfung. Ulrich Freise hat außerdem stets bestritten, dass es einen Interessenkonflikt zwischen seinem Wechsel zur Pin AG und seiner früheren Tätigkeit als Chef des Landesverwaltungsamtes gegeben hat.

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