
© Susanne Vieth-Entus Tsp
Umfrage zur Sauberkeit an Berliner Schulen: Jeder zweite Schüler vermeidet es, auf die Toilette zu gehen
Mehr als 20.000 Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Hausmeister haben an einer Umfrage zu dem Thema „Sauberkeit und Reinigung an Schulen“ teilgenommen. Dabei zeigt sich: Es besteht Verbesserungsbedarf.
Stand:
Die Hälfte der Schüler:innen in Berlin vermeidet es, in der Schule auf die Toilette zu gehen. Das geht aus einer Umfrage zum Thema „Zufriedenheit mit der Sauberkeit und Reinigung in Berliner Schulen“ hervor.
An der Befragung haben sich mehr als 20.000 Schüler:innen, Lehrkräfte und Schulpersonal, Eltern und Hausmeister:innen beteiligt. Es wurden dabei insgesamt 230.000 Personen befragt, 20.000 antworteten auf die freiwillige Befragung. Im Auftrag des Senats wurden die Daten vom Statistischen Landesamt Berlin-Brandenburg ausgewertet. Mit der Umfrage lägen erstmals umfassende Daten zu dem Thema vor, teilte die Bildungsverwaltung mit.
Sinkende Zufriedenheit im Tagesverlauf
Innerhalb der Umfrage bewerteten die Teilnehmenden die Schulsauberkeit auf einer fünfstufigen Skala: Eine 1 steht für sehr zufrieden, eine 5 für sehr unzufrieden. Für die Sauberkeit der Schule im Gesamten wurde eine durchschnittliche Zufriedenheitsbewertung von 3,0 ermittelt. Allerdings zeigt sich, dass die Zufriedenheit im Verlauf des Tages abnimmt. Während diese am Morgen noch einen Durchschnittswert von 2,5 erreicht, sinkt der Wert am Nachmittag auf 3,4.
„Beim Vergleich der Zufriedenheitsbewertung der einzelnen Räume fällt auf, dass die Zufriedenheit mit der Häufigkeit der Nutzung sinkt“, sagt Jörg Höhne, Referatsleiter des Statistischen Landesamts. „Die Sauberkeit der Räume wird als besonders wichtig erachtet, wenn die Unzufriedenheit mit der Sauberkeit besonders hoch ist.“
Schlecht bewertet wurde die Sauberkeit von Toiletten, Klassenräumen, Turnhallen, Mensen, Fluren und Treppenhäusern. Insgesamt bewertet das Schulpersonal die Sauberkeit kritischer als die Schüler:innen.
Übernutzung und ein Mangel an Privatsphäre
Die Sauberkeit in den Toiletten wird als besonders wichtig angesehen. Neun von zehn Personen wählten die Toiletten als den bedeutendsten Raum in Bezug auf Sauberkeit. „Das ist auch die einzige Kategorie, in der die Schülerinnen und Schüler die Sauberkeit strenger bewertet haben als das schulische Personal“, sagt Höhne. „Der Aussage ‚Ich vermeide es, in der Schule auf die Toilette zu gehen‘ hat die Hälfte der Schülerinnen und Schüler zugestimmt.“
Im August 2019 ist die German Toilet Organisation (GTO) bei einer unabhängigen Studie zu Toiletten an Berliner Oberschulen auf ein ähnliches Ergebnis gekommen. „Wir haben auch festgestellt, dass das Thema Vermeidung groß ist“, sagt Svenja Ksoll von der GTO. Knapp 1000 Schüler:innen des 9. Jahrgangs wurden dabei befragt. „Mindestens 25 Prozent haben angegeben, dass sie in der Schule immer weniger trinken und essen, um nicht das Klo benutzen zu müssen. Immer bedeutet in dem Zusammenhang jeden Tag. Das hat gesundheitliche Folgen, die schwerwiegend sein können.“
„Das Vermeiden, die Schultoiletten zu besuchen, hat nicht ausschließlich etwas mit der Reinigungsleistung zu tun, sondern auch mit der teilweise fehlenden Privatsphäre“, erklärt Torsten Kühne, Staatssekretär für Schulbau und Schuldigitalisierung. In Zukunft solle dies durch baulich getrennte Einzelkabinen, bei denen die Trennwände durchgehend von der Decke bis zum Boden gehen, im Rahmen der Schulbauoffensive berücksichtigt werden.
Insgesamt sieht Kühne vier wesentliche Faktoren, die sich auf die Sauberkeit der Schultoiletten auswirken. Zunächst seien die Schulen aufgrund des Schulplatzmangels übernutzt, dementsprechend seien auch die Toiletten nicht auf die erhöhte Nutzung ausgelegt. Dazu komme, dass viele Schulgebäude nicht saniert seien und der Zustand der Toiletten bauliche Ursachen habe. Im Einzelfall würden ungenügende Reinigungsleistungen hinzukommen, was an falsch geschultem Personal oder zu wenig Zeit liegen könne. Wesentlich sei aber auch das Nutzer:innenverhalten.
Mehr Partizipation für Schüler:innen
Der Umfrage nach sehen sowohl Schüler:innen als auch das Schulpersonal das Nutzer:innenverhalten als wesentlichen Faktor in Bezug auf die Sauberkeit der Schultoiletten. Beide Gruppen sehen die Notwendigkeit, dass Schüler:innen mehr Verantwortung für die Sauberkeit der Toiletten übernehmen sollten.
„Partizipation ist ganz wichtig“, sagt Kühne. „Da, wo Schüler und Schülerinnen mehr in die Gestaltung der Toiletten einbezogen sind, entwickeln sie auch eine höhere Eigenverantwortung dafür.“ Insbesondere für Erstklässler:innen könne es zudem sinnvoll sein, Führungen durch die Schule anzubieten und ihnen zu zeigen, wie etwa die Toiletten funktionieren, schließlich sei jede Spülung unterschiedlich.
„Wir haben auch festgestellt, dass da, wo sich Schüler und Schülerinnen mehr mit ihren Toiletten identifizieren können, es zu deutlich weniger Sachbeschädigung kommt“, berichtet auch der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Normen Heise. Dies könne etwa durch die Teilnahme an Schultoilettenwettbewerben oder der farblichen Gestaltung durch Schüler:innen gefördert werden. „Aber nicht jeder Schulträger ist dazu bereit, dass die Schultoiletten durch die Schüler und Schülerinnen selbst gestaltet werden“, fügt Heise hinzu.
Die Sauberkeit in unseren Schulen ist nicht nur eine Frage der Hygiene, sondern auch ein Zeichen des Respekts gegenüber den Schülerinnen und Schülern sowie dem gesamten schulischen Personal.
Torsten Kühne, Staatssekretär für Schulbau und Schuldigitalisierung
Neben pädagogischen Konzepten spielt für Heise die Häufigkeit der Reinigung eine entscheidende Rolle. „Was wir natürlich auch sehen, ist, dass das Thema Tagesreinigung wahnsinnig geholfen hat, aber wir sehen auch, dass sich einzelne Bezirke aus finanziellen Gründen bereits wieder davon verabschieden oder auf dem Weg sind, sich zu verabschieden“, gibt Heise zu bedenken. Es bleibe spannend, wie die nächste Umfrage ausfalle, wenn Bezirke tatsächlich ausgestiegen sind.
Die Ergebnisse als Anstoß
Die Qualitätsentwicklung soll zukünftig durch weitere Umfragen überprüft werden. Ein genaues Datum für eine solche steht laut Kühne noch nicht fest. Als konkrete Maßnahme zur Verbesserung der Schulreinigung nennt Kühne, dass Berliner Schulhausmeister:innen bis Ende des Jahres mit Tablets ausgestattet werden. Dadurch sollen sie Schäden und Mängel schnellstmöglich melden können.
„Die Sauberkeit in unseren Schulen ist nicht nur eine Frage der Hygiene, sondern auch ein Zeichen des Respekts gegenüber den Schülerinnen und Schülern sowie dem gesamten schulischen Personal. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir alle – sowohl Schulpersonal als auch Schülerinnen und Schüler – gemeinsam Verantwortung übernehmen, um ein Umfeld zu schaffen, das Lernen und Wohlfühlen fördert“, sagt Kühne.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: